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einen Hund …“ murmelte er. „Ja, ich muß wohl mal einen Hund besessen haben, an dem ich sehr hing … sehr …“ Dann zuckte er mutlos die Achseln. „Mein Hirn will nicht, Olaf … Es ist bockbeinig wie ein störrischer Esel …“

„Wird schon werden …“ tröstete ich.

Zwischen unseren Betten stand der kleine Klapptisch. Über uns pendelte die Karbidlampe hin und her. Es war abends neun Uhr.

Ich goß mir in den Teebecher einen gehörigen Schuß Rum hinein, und mein Freund griff nach einer Zigarre. Wir waren schweigsamer als sonst. Ich hatte mittags zufällig festgestellt, daß die Rückwand unserer Bugkajüte, die an die noch winzigere Küche stieß, in den dicken Eichenbrettern zwei durch Pfropfen verschlossene Löcher in Augenhöhe hatte. Diese Pfropfen waren mit derselben grauen Ölfarbe überpinselt wie die Bretter. Aber ich hatte doch gemerkt, daß sie schon wiederholt herausgezogen worden waren. Die Farbe war an den Rändern der Pfropfen abgeblättert. – Diese Entdeckung hatte uns vorsichtiger gemacht. Frau Helga Jörnsen, die nur in Männertracht herumlief und die anscheinend ihren Südwester selbst beim Schlafen nicht abnahm, konnte uns von der Kombüse aus, die wir nie betreten durften, unschwer beobachten und belauschen.

Boche Boche sog an seiner Zigarre und betrachtete seine Hände, die er in diesen drei Tagen bei dem leichten Dienst an Bord wieder tadellos gesäubert und gepflegt hatte. Dann schielte er nach der Rückwand hin und meinte gedämpft: „Wollen nach oben gehen … Ich habe mit dir zu reden, Olaf …“

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/45&oldid=- (Version vom 31.7.2018)