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Der Alte hatte als ersten Hafen nach Panama das gottverlassene Punta Garras anlaufen wollen. Als wir jedoch auf der Höhe von Iquique waren, änderte er den Kurs, und zwei Stunden später lagen wir inmitten einer Flotte von Salpeterschiffen: mindestens achtzig Viermastschoner, Vollschiffe und amerikanische Schoner mit sogar sieben Masten! Nie hatte ich vermutet, daß der Salpeterhandel eine solche Menge von Fahrzeugen und ein solches bunt zusammengewürfeltes Gesindel von Matrosen benötigte.

Boche Boche lachte über mein Erstaunen. Er wußte Bescheid. „Sieh’ mal, all diese Segler müssen zwecks Ersparnis um Kap Horn herum. Was das bedeutet, weißt du. Man rechnet bei den Reedereien mit einem Durchschnittsverlust von fünfundzwanzig Prozent. Deshalb findest du auch nie ein Salpeterschiff aus Eisen. Holz ist billiger, und ein eiserner Kahn entgeht den Kap Horn-Stürmen genau so wenig wie ein Holzkasten, wenn’s sein soll. Ich hatte selbst mal Heuer auf einem Fünfmastschoner genommen. Die Offiziere waren bis an die Zähne bewaffnet, und die farbige Besatzung zumeist betrunken. Nie wieder bekommt mich jemand an Bord eines dieser schwimmenden Zuchthäuser.“

Wir hatten also mit unserer Nußschale zwischen diesen Segelriesen Anker geworfen. Es war blödsinnig heiß. Der Landwind führte aus dem Inneren Chiles wahre Höllenglut mit. Was wir hier sollten, wußten weder mein Kamerad noch ich. Wir hatten noch übergenug Proviant und Trinkwasser. Es fehlte uns an nichts. – Da rief mich, kaum daß das Hafenpolizeiboot uns wieder verlassen hatte, der Alte nach achtern.

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)