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Mit dem niederdrückenden Bewußtsein, daß mein eigenes Geschick im Vergleich zu dem meines Kameraden geradezu bedeutungslos und überaus alltäglich sei – denn was besagte schließlich eine zu Unrecht verhängte Zuchthausstrafe?! – schlief ich wieder ein … Das gleichmäßige Plätschern und Gurgeln und Raunen der vom breiten Bug des Kutters getroffenen Wogen hatten meine erregten Sinne wohltuend eingeschläfert.

Kurz vor Mitternacht rüttelte Boche Boche mich munter …

„Ablösen, Olaf …!“

Und ohne ein weiteres Wort kroch er in sein Bett.

Oben am Steuer stand der alte Jörnsen.

„Was war vorhin mit Boche Boche?“ fragte er kurz. „Ich hörte ihn schreien … – Mir wollte er nichts sagen … Was war’s mit ihm, Abelsen?“

„Weiß nicht, Käpten … Gute Nacht.“

Er verschwand in der Heckkajüte. Meine schroffe Ablehnung hatte keinerlei Eindruck auf ihn gemacht. Nur sein Kopfnicken, mit dem er meinen Gute-Nacht-Gruß erwiderte und mir das Steuerrad überließ, war noch knapper und – ja – hochmütig – verschlossener als sonst.

Ich war allein an Deck. Der Motor sang sein ratterndes Lied, das Tauwerk der prall gefüllten Segel knarrte und der Torstensen jagte gen Süden.

Allein unter dem klaren ausgestirnten Firmament, allein in der großen erhabenen Feierlichkeit der Wasserwüste.

Hin und wieder ein Blick auf den Kompaß … Die Zigarre im Munde – erloschen … Die Gedanken die jüngste Vergangenheit umspielend …

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)