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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

und mit Stellung von Jahrrechnungen beschäftigt. Er bekam dabei einen genauen Einblick in die Verwaltung und die mit ihr verbundene Rechtspflege. Gegen seinen Willen hörte die amtliche Beschäftigung auf. Das hinderte ihn nicht, sich mit Apollonia, der Tochter eines Andreas Reiter, zu verheiraten, der des gestrengen Herrn Sebastian Schertlein von Burtenbach Leutnant gewesen war und dem Grafen Georg sowie dem Herzog Ulrich Kriegsdienste geleistet hatte. Der Grund für Wollebers Entlassung aus dem Staatsdienst war wohl derselbe, der ihm auch später hinderlich war, die Neigung, sich in fremde Händel zu mischen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen, vielleicht auch die Tatsache, daß er bald den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die württembergische Historie verlegte. Schon etwa zwanzigjährig muß er angefangen haben, sich mit dieser zu beschäftigen. 1579 legte er sein erstes Werk dem Herzog Ludwig vor, der aber offenbar damals schon gegen ihn eingenommen wurde. Da er von der Schriftstellerei nicht leben konnte, befaßte er sich mit Auskünften in Prozeßsachen und Fertigung von Klagschriften. Schon 1585 hatte der Schorndorfer Untervogt im Auftrag des herzoglichen Oberamts ihm diese „Entenmaierei“ zu untersagen, was ziemlich schwierig war, da er viel in den Dörfern herum seinem Gewerbe nachzog und selten sich zu Hause treffen ließ. Als dann 1589 die Kommissarien der Visitation in die Gegend kamen, wurden wieder Klagen über Wolleber laut: er stelle den Leuten unnötige Supplikationen und verführe solche, die zuvor unruhig seien, noch weiter; auch besuche er die Predigten nicht fleißig. Die Kommissarien tadelten sein Benehmen und verboten ihm die Schreiberei von Supplikationsschriften, scheinen ihn aber auf seine Frage, was er dann treiben solle, auf die Abfassung von Historienbüchern hingewiesen zu haben, deren er, wie wir sehen werden, damals schon mehrere bearbeitet hatte. Natürlich ließ er nicht ganz von den Prozessen, und daß er Vertrauen genoß, ergibt sich aus der Übertragung einer an das Tübinger Hofgericht erwachsenen Streitsache des Junkers Hans Georg von Gaisberg. Aber vor allem schrieb er jetzt geschichtliche Bücher. Nicht nur seine drei württembergischen Hauptwerke sind in der Zeit nach dem Visitationsverweis vollends ausgearbeitet worden, sondern auch mehrere kleine Werke. Da er beim Herzog von Württemberg nicht ankam, schickte er sie an fremde Fürsten, so 1591 eine Beschreibung des Stifts Würzburg und Herzogtums Franken an den Bischof Julius von Würzburg, der sie als mit großem Fleiß zusammengetragen mit besonderem Wohlgefallen aufnahm, ihm 108 Gulden schenkte und ihn aufforderte, sich später persönlich an ihn zu wenden. Offenbar hatte Wolleber dem Bischof in der Vorrede stark geschmeichelt, wie er denn diese überhaupt ganz

Empfohlene Zitierweise:
Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)