Seite:David Wolleber - ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung.djvu/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

nicht ohne Erlaubnis des Herzogs fortgeschickt worden wäre; er bat dringend um Rückgabe seiner Schriften, vor allem auch der Chorographie, deren Herstellung ihm allein für Maler, Buchbinder, Zehrung und Botenlohn gegen 40 Gulden Unkosten gemacht habe, und versprach, dieses Werk nach seiner Vollendung an die Kanzlei in Stuttgart einzuschicken und sich die Tage seines Lebens ohne besonderen fürstlichen Befehl aller Beschreibung württembergischer Historien in Ewigkeit zu enthalten. Man sollte meinen, damit hätte er sich die Freiheit erkauft. Aber der Bericht Gadners und Gabelkovers, der leider nicht erhalten geblieben ist, muß seine Tätigkeit sehr ungünstig beurteilt haben. Wolleber wurde nur gegen eine Urfehde entlassen, nach der er sich künftig alles Advozierens und des Schreibens aller Historienbücher gänzlich enthalten und dazu die Atzung während der Haft bezahlen sollte. Mit Recht brachte er gleich nach seiner Freilassung am 16. November vor, daß er, wenn er nicht auf die seitherige Art seinen Lebensunterhalt erwerben dürfe, irgendwie als Schreiber versorgt werden möchte; denn zum Ergreifen eines andern Berufes sei er zu alt. Jedenfalls aber möge man ihm seine wertvollen Bücher und Schriften zurückgeben, um so mehr, als er sie zum Teil entlehnt habe. Dagegen hatten aber Gadner und Gabelkover Bedenken: niemand habe ihn zum Historienschreiber bestellt, was er nicht gelernt habe und nicht könne; wenn auch die gedruckten und entlehnten Bücher zurückgegeben werden, so seien doch die Schriften zu behalten, damit er sie nicht immer von neuem abschreibe und Geld daraus mache; er müsse sich auch verpflichten, alles, was er noch von Sebastian König und andern in Händen habe, abzuliefern, damit es nicht anderswohin spargiert werde. Man könnte ihm ja eine kleine Entschädigung zuweisen, doch nicht für die Mühe, die groß genug gewesen, aber unerfordert und ungeheißen. Damit war der Geheimrat Melchior Jäger einverstanden, und Herzog Ludwig genehmigte den Antrag. Inzwischen waren Wochen vergangen. Der Besitzer der entlehnten Truhe in Schorndorf drängte auf deren Rückgabe. Die herzogliche Kanzlei wollte sie mit den Büchern nach Schorndorf schicken; aber jetzt bestand Wolleber darauf, daß er wenigstens in Stuttgart selbst abgefertigt werde. Infolge der Wegführung seiner Bücher sei er in Stadt und Amt Schorndorf verschrieen und verunglimpft worden. Wenn sie ihm jetzt wieder durch die Amtleute zugestellt werden, so erneuere sich das Geschrei. Man behauptete, er sei samt seiner Frau wegen Hexerei und Teufelskunst eingezogen worden; er habe das ganze Land und den Herzog von Württemberg verraten wollen. Gegen dieses Gerede, dessen Urheber er nicht ermitteln konnte, war Wolleber machtlos. Er bat daher um ein amtliches Leumundszeugnis, das öffentlich ausgelegt und von der

Empfohlene Zitierweise:
Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)