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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

Wolleber entschließen, von Ulm aus ein demütiges Gesuch an den Herzog abgehen zu lassen: er bekenne, daß er vielmals zu geschwind und hitzig gewesen sei und die Sachen nicht ganz verstanden habe; er habe eben jedem vertraut und geglaubt, da sich „oftmals hernach ein besserer Grund und das Widerspiel gefunden“, weswegen er sich endlich vorgenommen habe, sich ferner aller solcher unruhiger Leute gänzlich zu entschlagen, dieselben ab und zur Ruhe zu verweisen, damit der Herzog selbst und seine hochlöblichen und getreuen Räte und Amtleute jederzeit, soviel möglich, unbemüht, unüberlaufen und zufrieden gelassen werden sollen. Der Oberrat beschloß, dem Bittsteller keine Antwort zu geben, dagegen der Frau zu eröffnen, ihr Mann werde, wenn er sich in Gehorsam stelle und das ihm Auferlegte leiste, auf künftiges Supplizieren gebührenden Bescheid erhalten; im Fall ungehorsamen Ausbleibens solle nach ihm gefahndet werden.

In Schorndorf hoffte man, des Flüchtlings bei einem heimlichen Besuch in der Heimat habhaft zu werden. Die Amtleute weigerten sich, einen Zinsbrief der Frau aus Anlaß einer Geldaufnahme zu besiegeln, in der Annahme, jener werde aus Mitleid mit seiner in Not geratenen Frau sich selbst zur Besiegelung einfinden. Wirklich hielt sich Wolleber einige Male im Weiler auf, zeigte sich aber nur bei Nacht. Als einmal der Obervogt Karl Herr zu Limpurg, Erbschenk und semperfrei, selbst in Weiler übernachtete, hörte er glaubwürdig, daß Wolleber mit einigen Bürgern in seinem Hause gezecht habe. Sofort befahl er dem Schultheißen, sich gefaßt zu machen und den unruhigen Gesellen beizufangen, damit endlich die herzoglichen Befehle ausgeführt werden könnten. Der Schultheiß ließ das Haus umstellen. Wie das Weib den Einlaß mit Fluchen und Schelten verweigerte, wurde er erzwungen, aber der Vogel war ausgeflogen. Auch der Stadtknecht, den der Obervogt andern Tags mit 3 Weinladern von Schorndorf hinabschickte, kehrte unverrichteter Dinge wieder um. Die Frau wurde wegen Unbotmäßigkeit einen Tag und eine Nacht in das Frauengefängnis gelegt, wobei ihr ihre Schwester Gesellschaft leisten durfte. Wolleber war nach Eßlingen entkommen und beklagte sich beim Herzog, daß ihm Leute mit Wehr und Waffen viermal ins Haus gefallen seien und gefährlicherweise, unverschont seines Leibs und Lebens, alles Heu und Stroh, das oben im Hause gelegen, durchstochen haben, da sie ihn darin vermutet. Davon wisse der Herzog sicher nichts. Wieder bat er um Erlaubnis, seine Armütlein verkaufen und in auswärtige Dienste sich begeben zu dürfen.

Die Entrüstung der Regierung gegen den kecken Flüchtling war so sehr gestiegen, daß im Januar 1596 an die Reichsstadt Eßlingen das

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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)