Seite:De Alemannia II 155.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dieser stellte sich in Geheim mehrere Abende auf die Lauer[1], und sah dann einen ihm wohlbekannten Bürger des Orts kommen, unter einen auf dem Felde befindlichen Heuhaufen seine Kleider alle ablegen und dann zum Wolf werden, der auf den Pferch zulief. Als wirklich nun ein leibhafter Wolf einst vom Dorfe heraus und auf den Pferch zukam, so empfing ihn eine volle Ladung aus


  1. Vom † Pfarrer Köhler in Marschalkenzimmern. Ueber Währwölfe in Irland sieh Ausland 1873 Nro. 27. 582.
    M. Jo. Mich. Schwimmers deliciae physico-hortenses, oder Physicalisches Garten-Buch, darinnen auffrichtig-eröffnete Kunst-Griffe, zu nutzbarer und ersetzender Baum-Zucht, durch gründlich-eröffnete Haupt- und Neben-Fragen, denen Garten-Liebhabern und Hauss-Vätern, zu Lust und Nutz, auf Verlangen, gewiesen, sammt gehörigen Register zum dritten mahl gedruckt. Erfurt, in Verlag der Stösselischen Erben, 1717.
    IIX Frage. Warumb kan der Satan nicht wahrhafftig einen Menschen zu einem Wolff machen? und was kan er sonst nicht? Erforschung. Dass er viel könne, ist ausser Zweiffel; zumal kan er weidlich stehlen, wo es ihm Gott zulässet. Eine gar merckwürdige Historie muss ich hier anführen, dergleichen kein ältester Mann, so siebentzig, achtzig, neuntzig oder mehr Jahr alt, sich erinnern kan, dass er am hellen Tage in seiner hesslichen und grausamen Gestalt sich sehen lassen, und zugleich mit seinem Diebstahl. Im Frühling des 1698. Jahres, in der Wollen-Scheere, da zugleich bey uns an der Saale die Scheit-Flösse war, giengen drey Mannes-Personen und ein Weib aus einem Dorff, nahmentlich Eichfeld, das über Rudolstadt gegen Abend lieget, Nachmittags umb zwey Uhr, bey schönen Sonnenschein, aus der Scheit-Flösse nach Hause, und da sie gegen Schala, einem Dorff zwischen Rudolstadt und benanntem Eichfeld, einige Schritt über dem Gericht herkamen, siehe, da höreten sie ein starckes Geräusche, dass sie sich fast entsetzeten und als sie auf und umb sich sahen, da kam dieser Herrscher in der Lufft von Abend her geflogen, sein Kopff war gross, wie eine Stuntze; seine Augen wie ein Hut-Napff, sein Schwantz feurig, und länger als ein Wiesebaum, und hatte auffgepackt, auf beyden Seiten so grosse Tracht als Spreu-Körbe, der Raub war weiss als Wolle und leinen Tuch, und da ihm auff denen Seiten bald hie ein Stück, bald dort ein Stück entfallen wolte, streckete er seine Krallen aus, und zog immer eins nach dem andern wieder in die Höhe zu sich, und solche Mühe mit dem abfallenden hatte er so lang, biss er sich in das daselbst stehende Höltzgen nieder liess. Da der eine Mann solcher Zuschauer sagte, sie wolten hin und diesem Räuber den Raub abjagen, wiederriethen es die andern, und zwar gantz recht, denn es ihnen nichts genutzet hätte, ob sie es schon behalten gehabt, welches sie hätten abjagen können, wann sie den Nahmen Gottes genennet: Die Zeugen solcher erschrecklichen Geschicht sind gewesen, Meister Heinrich Söffing, Böttiger in Eichfeld; Meister Hans Fischer, der Schmid daselbst, dessen Weib, Magdalena, und Hans Heinrich, dessen Sohn, zehen Jahr alt. Selbigen Tages hatte ein Weib, eine Meil Weges davon, hundert Ellen Bleich-Tuch verlohren etc.
    Freylich heisst es recht: Gross Macht und viel List seine grausame Rüstung ist, auff Erden ist nicht seines gleichen. Er hat seine listigen Künste lange gelernet, und hat viel erfahren; Weiss je länger je mehr, was die Gelehrten neues lehren und auff die Bahn bringen; Aber es [148] ist seine List und Arglistigkeit, wie nicht weniger seine Macht, wie gross sie auch ist, dennoch von den Ketten Göttlicher Majestät umschränket.
    Daher kan er nicht warhafftig einen Menschen zu einem Bär-Wolffe (andere nennen sie Währ-Wölffe) machen, ob man gleich von solchen Erscheinungen weiss; Es mag es Bodinus, de Magorum Daemonomania, Spondanus Comment. in Homer. M. Jo. Fried. Wolffeshusen behaupten wollen, so gut es ihnen scheinet, so ists doch in Warheit nur Blendung. Daher die Sache würdig zu erforschen, wie es damit zugehe? und woher solche also scheinende Wölffe ihre Macht und Krafft schädlich zu seyn, das Vieh zu zerreissen, zu fressen, auch andern Menschen Schaden anzufügen, haben, und aus was Krafft sie solches vermögen.
    Eine erstaunbare Historie, welche zu Agran in Croaten von solchem Wolffe geschehen, muss ich aus denen neulichen Zeitungen hier anführen, wie sie referiret ist? Agran in Croaten, den 16. Julj A. 1698. Um diese Stadt lässet sich eine grausame Bestia in Gestalt eines Wolffes sehen, welche denen Menschen sehr zugesetzet, und deren bereits viele zerrissen hat, dem unvernünfftigen Vieh thut es keinen Schaden. Es darff sich kein Hirt bey den Heerden blicken lassen, dass sie nicht auf ihn lossgehet, und wo zween beysammen seyn, muss der andere davon Haar lassen: Es habe sich unterschiedliche Edelleute mit ihrem Landvolck zusammen gezogen, die Bestia zu tödten, allein, wenn sie vermeynet, solche zu Stand zu bringen, vexiret solche Wolffs-Bestia ihre Verfolger, und zeiget sich an einem andern Ort, und ob sie gleich des geweyheten Pulvers und mit Silber gefütterten Kugeln sich bedienen, können sie doch, wie gedacht, nichts gegen dieselbe ausrichten. Dahero muthmasset man (nicht unrecht!), dass es entweder eine Hexe oder Hexenmeister seyn müsse, weil täglich solche Leute eingezogen werden, wie dann jetzo wircklich bey dreissig Personen gefangen sitzen, und bringen viele Bauren ihre eigene Weiber selbst in die Stadt gefangen herein, mit dieser Anzeige, dass sie, wenn man solche nicht abstraffen würde, selbst an sie Hand anlegen, und verbrennen wolten. Bey den Gefangenen werden Proben angestellet, welche eine Hexe offenbaret haben soll, dass man dergleichen Personen erkennen möge, nemlich, man bindet ihnen die Hände Creutzweiss auf den Rücken zusammen, und wirfft sie in den Sau-Fluss hinein; Schwimmet sie nun empor, so werden sie für schuldig erkannt; gehen sie aber unter, werden sie wieder frey gelassen etc. Also ists beschrieben.
    Anreichend nun den Bär-Wolff, wie er erscheinet und genennet wird, ists eine Blendung und Verdüsterung, theils in dem Menschen, welcher meynet, er sey zum Wolffe worden; theils in anderen Menschen, welche meynen, sie sehen einen rechten Wolff: und obgleich solche vermeinte Wölffe das Vieh anfallen, beissen, thun doch solches nicht so wohl solche vermeinte Wölffe, als der Satan, solches Gauckelwerck und Bethörung zubestärcken, welches alles hier desto deutlicher und gläubiger wird erfunden werden. Auch thut nichts zur Wahrheit solcher rechten Verwandelung, dass solche Leute selbst meynen oder [149] meine jugendliche Flüchtigkeit auf solche Nebenumstände damalen noch nicht merkte.sagen, sie wären Wölffe gewesen, denn ihre Phantasie ist verruckt und verdüstert durch des Satans Arglist und Blendung; denn es war Georgius Sabinus, ein Gelehrter zu Königsberg, welcher als ein Bär-Wolff denen Preussischen Bauren begegnete, ihnen Schaden zufügte an ihrem Vieh und ihnen selbst, der grausam anzusehen und blutend war, als ob ihn die Hunde wären angefallen, und hätten ihn gebissen, wie Er auch solches nachgehends, wann Er wieder zu einen Menschen worden, denen Hunden Schuld gab. Er bekannte hernach, als die Sache zur Untersuchung kam, und die Obrigkeit es richtete, in Beyseyn des Hertzogs: Es begegnete ihm solches des Jahres zweymahl, einmahl auf Weynachten, das andere mahl auf Johannis-Tag, da Er dann gezwungen würde, grimmig zu werden, in den Wald zu lauffen und alles anzufallen, was ihm begegnete; da ihm vorher die Haut gantz rauch würde; aber ehe ihm die Haut rauch würde, und er Haare auf seinem gantzen Leibe bekäme, hätte er einen starken Schauer und grosse Mattigkeit, so dann würde er zum Wolffe, wenn er völlig rauch worden.
    Allein, dass dieses aus Satans List und Betrug also geschehen, erhellet bald daraus, da man ihn ins Gefängnis legte, und erwartete, ob dergleichen Verwandelung zu solchen zweyen Zeiten weiter an ihm sich finden möchte. Da war aber dergleichen nicht mehr zu spüren, sondern der Satan hatte ihn geblendet und selbst verwundet; daher Johannes Evvichius, de Sagarum natura, von diesem Manne schreibet, er habe sich unter das Heu verkrochen und geschrien, er müsse fliehen, wie ein Wolff, damit er nicht gefressen würde.
    Ob nun gleich solche Verwandelung in einen Wolff nur eine Satanische Blendung ist, welche die Phantasie verwirret in denen, über welche er Macht bekommen, so treibet er ihre Phantasie auch zu Grimmigkeiten und er selbst der Satan unter der angenommenen Gestalt eines Wolffes, zerreisset Vieh und Menschen, nachdem und wie weit es ihnen Gott zulässet. Wohin aber Nebucadnezaris wilde Art und Benehmung der gesunden Vernunfft bey weiten nicht zu ziehen, als welcher seine menschliche Gestalt behielt, und nur der Phantasie nach, und nach der äusserlichen Haut, mit garstigen Haaren auf dem Haupt, und gewachsenen grossen garstigen Nägeln an Händen und Füssen, eine Zeitlang ungestalt worden.«
    Aus Barth. Anhorns Magiologia. Basel 1674. S. 577:
    »Anno 1573 wurd zu Dol in Burgund ein Zauberer gefangen, vnd nach seinem Verdienen gestrafft; der bekendte, dass er in der Gestalt eines Wolffs in einem Weinberg, nahe bey einem Waldt, vnfern von Dol, ein Mägdlin von zehen oder zwölff Jahren angefallen, getödet, einen Theil von seinem Leib gefressen, vnd den übrigen Theil seinem Weib zugebracht. Vnlang hernaher, hab er in gleicher Wolffsgestalt ein ander Mägdlin angegriffen, getödet vnd auch fressen wollen, wann er nicht von dreyen Männeren wäre verjagt worden.
    Zu Besançon in Burgund führte auf eine zeit Michael Verdün den Peter Burgot mit sich an einen Ort, da ein Liecht von grünem Wachs, mit dunkeler Flamm gebrunnen, vnd die Anwesenden dem Teufel geopferet, vnd vmb jhn her gedanzet; haben sich mit gewisser Salbe geschmieret, seyen zu Wölffen worden, in den Wald geloffen, leiblichen Wölffinen mit grossem Lust beygewohnet, und zu vnderschiedlichen mahlen vier Mägdlin zerrissen vnd gefressen.«
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia II. Marcus, Bonn 1875, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_II_155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)