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„Küachlispiß“ aus dem heißen Schmalze hob und gegen den Rauchfang emporhielt, worauf sie dieselben in einen Teller legte. Dem Geliebten mochte dises „Küachlibacken“ höchst sonderbar und verdächtig vorgekommen sein, und er zog sich heimlich in die Stube zurück, one mer zum „Küachließen“ eine große Lust zu spüren. In Bälde erschin die Geliebte mit einem Teller voll „Küachli“ und lud iren Vererer freundlichst ein, davon zu eßen. Da gab er plözliches Unwolsein vor, so daß er es nimmer wage, dises Gebäckes zu genießen, vilmer sich veranlaßt füle, alsogleich den Heimweg anzutreten. Da packte one vile Umschweife das Mädchen die „Küachli“ dem unbäßlichen Geliebten in sein Sacktuch und schob sie im in seine Rocktasche. Diser hatte disesmal von seiner Geliebten külen Abschid genommen und befand sich auf dem Wege zu seiner Heimat. Unterwegs traf er die im bekannte Magd des Gortipoler „Herrn“[1], die soeben im Begriffe stand, demselben die Kühe zu füttern. Er gieng mit ir in den Stall und ließ alsbald die Bemerkung fallen, daß heute sein Mädchen im Cavatal im „Küachli“ mitgegeben habe, welche im durchaus nicht zu Dank wären, am liebsten möchte er sie dem Schweine zum Fraße anbieten. Dis erlaubte im die Magd ganz gerne. Da packte er die verdächtigen „Küachli“ aus und warf sie dem Schweine in den Trog. Dises verschlang nun eines nach der andern mit gröster Gir, und als es alle gefreßen hatte, wollte es, heftig grunzend, noch mer haben. Auf einmal lief es wie beseßen in seinem Ställchen herum, hüpfte sodann über dessen Bretterwand in den Kuhstall heraus und stürzte mit Windeseile bei der geöffneten Türe ins Freie. Von da rannte es fort, sezte über die Ill und eilte nach dem Hause, von wo die berüchtigten „Küachli“ gekommen waren. Weil dises jedoch fest verrigelt war, so lief es rasend um dasselbe herum, um einen Eingang zu erspähen; als im dis misglückt war, suchte es mit Ungestüm an den Wänden auf das Dach hinaufzukrabbeln, und ließ nicht ab, biß es verendete. Auf dises Ereignis hin trug der Gortipoler Bursche kein Verlangen mer, dises verdächtige Haus im Cavatal nochmals zu besuchen, und gab seiner Geliebten für immer den Laufpass.


2 DAS WEIBLEIN MIT DER „NUDELKAPPE“[2]

Hans Sef (Johann Josef) Saler, Zimmermann in St. Gallenkirch (als Greis gestorben in den Sibziger-Jaren), hatte eines Sommers einige Ausbeßerungen an der Sennhütte in der Alpe Valcifenz vorgenommen und bei diser Gelegenheit merere „Laden“ (Bretter) dortselbst zurückgelaßen. Im folgenden


  1. Der hochw. Herr Expositus in Gortipol.
  2. Nidere Wollmüze.
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger, Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XIX. Hanstein, Bonn 1892, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XIX_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)