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5 Die Schazgräber auf St. Leon

Auf dem Felsen südlich von Walscheid, der einst das feste Schloss der Grafen von Dagsburg-Egisheim trug, erhebt sich jezt zu Eren jenes Bruno, der aus dem Geschlechte der Grafen von Dagsburg entsprossen, als Leo IX den päpstlichen Stul bestig, eine kleine Kapelle. Ehedem stand eine ältere unweit der jezigen; von lezterer behauptet man, daß sie sich durchaus nicht halten will, sondern beständig zerbröckelt. Die alte Kapelle wurde in einer stürmischen Märznacht des Jares 1809 durch einen Brand zerstört. Noch finden sich Trümmerreste derselben vor und get die Sage, daß in dem Eckstein ein großer Schaz lige. Es ist nämlich auch jezt noch in der Gegend allgemein Sitte, bei dem Bau selbst des kleinsten Gebäudes eine, wenn auch noch so geringe Summe Geldes unter dem Eckstein niderzulegen.

Ein alter Mann aus Walscheid, seines Zeichens Urmacher, dem nie das Glück besonders hold gewesen war, wollte auf seine alte Tage noch einen Versuch machen, dasselbe zu erhaschen. Er brach in einer dunklen Nacht samt seinen drei Sönen mit Brecheisen bewaffnet zur Hebung des Schazes auf. Schon hofften sie den Stein zu lüften, als sich plözlich ein so furchtbares Geschrei und Geheul erhob, daß die Schazgräber entsezt den Berg hinab flüchteten. Noch dreimal versuchte der Mann den Schaz zu heben, doch immer mit demselben Miserfolge.


6 Feurige Männer

Die alten Bewoner von Walscheid versichern, daß sie früher oft in stillen Nächten auf dem St. Leonsberge feurige Männer gesehen hätten, die mit Keulen einander bekämpften.

Einst war ein junges Mädchen, die noch jezt hochbetagt in Walscheid lebt, Nachts auf den Wisen, um die Bewäßerung zu stellen. Wenige Schritte vor sich sah sie eine kleine blaue Flamme dreimal langsam aufstehen. Das Mädchen schlich nahe herzu, um ire Kappe darauf zu werfen und so des Schazes teilhaftig zu werden. Plözlich standen dicht bei ir die feurigen Männer und befedeten sich auf das heftigste. Das Mädchen floh zum Tode erschreckt in das nahe Dorf.


7 Der Pfaff von Garburg

Eine Anzal Männer und Frauen, die, wie es vilfach Sitte ist, im Herbst von Lothringen aus das Gebirge der Vogesen überschritten, um zur Kirche des heiligen Florentius in Haslach zu wallfarten, durchwanderten grade am hellen Tage den Wald von Garburg, als ein junges Mädchen einen Mann in geistlichem Gewande, mit breitem in das Gesicht gedrückten Hute, unter dem Arm ein großes Buch, über den Weg gleiten sah. Keiner der

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_029.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)