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Gespann mit seinem Kind über die turmhohe Felswand in den See hinabstürzte. Als er händeringend in die schauerliche Tiefe hinabschaute, da leuchtete im ein Hoffnungsstral, die Ochsen schwammen samt dem Pflug auf dem See dahin, mit inen das Mädchen, welches am Seile mitgefürt wurde. Nun tat der Vater im Stillen das Gelübde: Wenn sein Kind gerettet würde, so werde er am jenseitigen Ufer der H. Katharina eine Kapelle bauen. Getrösteten Herzens verfolgte er das seltsame Schauspil, wie die Stiere mit dem Pfluge und dem Kinde auf dem Waßer dahinruderten, weiter und immer weiter; sie durchschwammen die ganze Seebreite und gelangten glücklich am jenseitigen waldigen Ufer an. Bald darauf hatte der glückliche Vater sein Kind und seine ganze Habe unversert wider, und ließ nun zur Erinnerung an die wunderbare Errettung die St. Katharina-Kapelle am jenseitigen Ufer, gegenüber dem St. Katharina-Felsen des disseitigen Gestades, errichten. Später baute das Kloster Reichenau in die Nähe eine Probstei mit hübschem Garten, wo der Abt sich im Sommer gerne aufhielt.

Längst ist dise Probstei samt der St. Katharina-Kapelle zerfallen und abgebrochen, und der Garten, worinn ehedem Reichenauer Mönche unter edlen Obßbäumen wandelten, wider zu Wald geworden. Auch die alte St. Katharina-Kapelle am disseitigen Ufer fiel dem neuen Straßenbau zum Opfer und ist nun durch eine in den Sandsteinfelsen gehauene Nische mit der Statue der hl. Katharina und Betbank ersezt. Aber die Namen sind noch gebliben und im Munde des Volkes leben die alten Geschichten fort. Eine Abbildung des erzälten Vorkommnisses befindet sich noch heute im Landwirt Kramerschen Hause zu Wallhausen.

Mündlich


15 DIE ZWINGENBURG BEI BILLAFINGEN

Ungefär anderthalb Stunden landeinwärts von Überlingen zieht sich fast parallel mit dem Überlingersee das fruchtbare Billafinger Tal hin, zu beiden Seiten von hohen Bergzügen eingeramt. Der südliche Bergzug ist mit dichtem Tannenwald besezt, aus dem westlich vom Dorf Billafingen ein runder Hügel hervorschaut, welcher von einem Erdwal umgeben ist, der steil gegen die Talseite abfällt. Es ist diß ein sog. „Ringwal“, eine „Völkerburg“, und heißt wie das ganze Gewann „Zwingenburg“.

Nach den Erzälungen des Volkes stand auf disem Hügel dereinst ein Schloß, dessen Besizer, die „Zwingherren“, einen ser üppigen, ausgelaßenen Lebenswandel fürten. Sie bedrückten ire Untertanen aufs Schändlichste, und stellten namentlich den Weibern nach. Kein Mädchen war vor inen sicher: die Bräute

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XVIII. Hanstein, Bonn 1890, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XVIII_184.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)