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9 DAS GRAB DES HUNNENKÖNIGS

In dem Überlingen Walde Sigmundshau, in der Nähe des uralten Hofguts Höllwangen, stet ein kegelförmiger Berg, mit einem Erdwall umgeben. Es ist diß ein sog. Ringwall oder eine Völkerburg und heißt noch jezt beim Volke nur „die Burg“. Wenn man auf dem Gipfel des Berges wandelt, tönt es unter den Füßen, als ob der ganze Berg hol wäre. In disem Berge ist das Grab des Hunnenkönigs. Der Leichnam ruht in einem Diamantsarge, welcher wider von einem goldenen Sarg umgeben ist; der goldene Sarg aber befindet sich in einem silbernem Sarg, der silberne in einem kupfernen, diser in einem zinnernen; dann folgt ein eiserner und zulezt ein eichener. So ist in 7 Särgen die Königsleiche verwart. Niemand aber kann die rechte Stelle finden, obgleich schon da und dort nachgegraben wurde. Denn diejenigen, welche das Grab gemacht, musten mit verbundenen Augen arbeiten, damit die Stätte nicht verraten wurde. Auch bei Winterlingen get die Sage.

Mündlich


10 DAS FRÄULEIN VON KARGECK UND DER RITTER VON HALDENBURG
(Hero und Leander am Bodensee)

Am jenseitigen Ufer des Überlingersees hebt sich vom waldigen Ufer ein steiler Fels ab, auf dem die Burg Kargeck gestanden. Vor vilen Jaren lebte auf diser Burg ein Ritter mit seiner Tochter Fortunate, welche den Besizer der gegenüberligenden Haldenburg liebte. Der Vater des Fräuleins aber wollte dise Minne nicht dulden, weshalb die Liebenden eine List ersannen um troz dem Verbot des Vaters zusammen zu kommen; jeden Abend, wenn das Burgfräulein allein war, stellte sie ein Liecht ans Fenster; sobald der Ritter von Haldenburg dises Zeichen sah, schwamm er über den See zu seiner Geliebten. Wenn dann der Himmel zu dämmern begann, kerte er auf gleiche Weise zurück. Lange gieng es so ganz gut. Als aber eines Morgens der Jüngling heimkeren wollte, überraschte in mitten auf dem See ein heftiger Sturm, vergebens kämpfte der Schwimmer gegen die gewaltigen Wogen; die Kräfte verließen in und die Fluten zogen in hinab. Nach kurzer Zeit gab der See sein Opfer zurück. Das Fräulein aber entsagte der Welt und gieng ins Kloster. Sie war die Lezte ires Stammes. Burg Kargeck ward im Bauernkrieg zerstört. (Diselbe Sage get auch von den disen benachbarten Burgen Bodmann und Hohenfels: ein Ritter von Hohenfels schwamm mit einem brennenden Liecht auf dem Kopf, als

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XVII. Hanstein, Bonn 1889, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XVII_275.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)