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3 DER SCHWARZE PUDEL IM WALDE HASLEN

Im Walde Haslen bei Hödingen, in welchem eine Reihe Alamannengräber sich befinden, get ein Geist um, welcher in Gestalt eines schwarzen Pudels erscheint und die Leute irrefürt. Wer Abends den Wald betritt, kommt die ganze Nacht nicht mer aus demselben, denn er folgt immer dem Pudel, der vor im hin und herspringt. Erst wenn der Tag anbricht, findet der Wandrer den Weg aus dem Walde heraus. Vile meiden deshalb zur Nachtzeit den Weg durch den Wald und gehen lieber die längere Landstraße.

Mündlich


4 DAS GOLDENE KEGELSPIL IM ABTSBERG

Zwischen Sissenmülen und Sipplingen zieht sich längs der Straße ein steiler zimlich hoher Bergrücken hin, welcher Abtsberg heißt. Eine Felsspalte dises Berges soll in eine Höle füren, in der sich ein goldenes Kegelspil befindet, das durch ein großes eisernes Gitter verwart ist. Schon mermals wurde versucht, das Kegelspil zu holen, aber es ist noch Niemanden gelungen. Nachts aber hört man manchmal, wie im Berg Kegel gespilt wird; das Rollen der Kugel und das Fallen der Kegel wird mitunter ganz deutlich wargenommen.

Mündlich


5 DER SCHAZ IN DER BURGHALDE

In der Nähe von Sipplingen ligt auf schroffem Felskegel die Ruine der Haldenburg, vom Volke die „Burghalde“ genannt. Niemand weiß, wie die Burg dereinst erbaut; auch sonst ist von ir und deren Besizer wenig bekannt. Sovil aber erzälen die Leute, daß von diser Burg nach dem benachbarten Hohenfels ein unterirdischer Gang füre, und daß sowol dise zwei Burgen unter sich wie auch den am jenseitigen Ufer gelegenen Burgen Kargegg und Bodmann durch Sprachrore sich in Zeiten der Not Zeichen gegeben und Hilfe verlangt haben. Daß die Ritterburg auf Burghalde einst ein mächtiger stattlicher Bau gewesen, deuten schon die gewaltigen Gewelbe, Gänge, und Verließe an, die sich unter der Ruine befinden. Jeder Schrit und Trit, der auf dem Berg gemacht wird, tönt dumpf und hol; wenn man ein Steinchen durch eine Kelleröffnung in die Tiefe fallen läßt, dann hat man lange zu warten, biß man dasselbe aufschlagen hört. In disen ausgedenten unterirdischen Gewelben, welche mit einer eisernen Türe verschloßen sind, ist ein reicher Schaz verborgen, den zu heben sich jedoch Niemand getraut; denn er wird von Basilisken bewacht, und wer ein solches Tier siht, ist sofort des Todes.

Mündlich


Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XVI. Hanstein, Bonn 1888, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XVI_258.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)