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Er selbst behandelt die große deutsche Frage vom Standpunkt des beglückten Schwaben. Wer erinnert sich hier nicht jener humoristisch-satirischen Gesänge vom Hauptröhrle Kutschke, von Lulus Feuerdauf, vom Grammont, die – obwol von ihm ursprünglich kraichgauisch gesungen – doch sofort zu allgemein deutschen Zeitliedern wurden!

Die landläufige Auffassung der poetischen Muse L. Eichrodts hat unsern rheinschwäbischen Vetter mit Vorliebe der Scheffel-Baumbachschen Schule des lebenslänglichen Studententums zugeteilt. Nicht mit Recht, auch nicht im Sinne des Dichters. Nicht als ob er es als eine Beleidigung empfunden hätte, gleichsam nur im Schatten des berühmteren Freundes zum Dichter gediehen zu sein, sondern weil es ihn schmerzte, dass das eigentliche Wesen seiner Poesie ganz und gar verkannt werden sollte, hat er bei jeder Gelegenheit aufs entschiedenste sich verwahrt gegen die beliebte Zusammenstellung „Scheffel-Eichrodt-Baumbach“. In Wirklichkeit hatte er mit ersterem nur gewisse gesellige Tugenden und Neigungen gemein. Vor einigen Jahren schrieb er mir z. B. „Meine letzten Verse sind wie meine ältesten, die ich zusammenschrieb, ehe Scheffel nur ein Gedicht veröffentlicht hatte,“ und an anderem Orte im Scherz: „Sagen Sie doch Ihren Landsleuten, dass wir beide uns lieber zutrinken als nachdichten.“

Eine andere Vergleichung dürfte mehr für sich haben. Eichrodt war bekanntlich ein besonderer Liebhaber der Kunst, ein Kunstkenner – ein glühender Verehrer des Aesthetikers F. Th. Vischer. Er lebte sich in die Theorien des berühmten Kritikers so tief hinein, dass sowol sein Kunstgenuss, wie auch sein poetisches Schaffen unter dem Einfluss jenes großen Meisters ein eigenes Gesicht gewann. Hier liegt der Schlüssel zum Verständnis der litterarischen Erscheinung Ludwig Eichrodts. Was dieser an satirischen Dichtungen schuf, war nur eine glückliche Anwendung des geflügelten Worts vom Vischerschen Begriff des „Komischen“ als eines umgekehrten Erhabenen. Wie nahe er poetisch und politisch mit Vischer dem Schartenmeiersänger bekannt war, ist jedermänniglich bekannt. Auch Vischer selbst war ihm wol gewogen. Zum 50. Geburtsfest unseres Dichters 1877 schrieb der alte Schartenmeier dem jüngeren Biedermaier eine poetische Epistel, der wir folgende Stelle entnehmen:

Empfohlene Zitierweise:
Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XX. Hanstein, Bonn 1892, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XX_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)