Seite:De Arndt Mährchen 1 010.jpg

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2.
Prinzessin Svanvithe.

Du hast wohl von der Sage gehört, daß hier bei Gartz *)[1], wo jetzt der Wall über dem See ist, vor vielen tausend Jahren ein großes und schönes Heidenschloß gewesen ist mit herrlichen Häusern und Kirchen, worin sie ihre Götzen gehabt und angebetet haben. Dieses Schloß haben vor langer, langer Zeit die Christen eingenommen, alle Heiden todtgeschlagen und ihre Kirchen umgeworfen, und die Götzen, die darin standen, mit Feuer verbrannt; und nun ist nichts mehr übrig von all der großen Herrlichkeit als der alte Wall und einige Leuschen **)[2], welche die Leute sich erzählen, besonders von dem Mann mit Helm und Panzer angethan, der auf dem weissen Schimmel oft über die Stadt und den See reitet. Einige, die ihn nächtlich gesehen haben, erzählen, es sey der alte König des Schlosses, und er habe eine güldene Krone auf. Das ist aber alles nichts. Daß es aber um Weihnachten und Johannis in der Nacht aus dem See klingt, als wenn Glocken in den Kirchen geläutet werden, das ist wahr, und viele Leute haben es gehört, und auch mein Vater. Das ist eine Kirche, die


  1. *) Kleines Städtchen in Rügen.
  2. **) Hübsches Wort für Mährchen.
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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_010.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)