Seite:De Arndt Mährchen 1 014.jpg

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rundlaufen muß, wann andere Leute in den Betten und Gräbern schlafen, weil er so geitzig gewesen ist.

Nun begab es sich lange nach diesen Tagen, daß in Bergen ein König von Rügen wohnte, der hatte eine wunderschöne Tochter, die hieß Svanvithe; und sie war die schönste Prinzessin weit und breit, und es kamen Könige und Fürsten und Prinzen aus allen Landen, die um die schöne Prinzessin warben. Und der König, ihr Herr Vater, wußte sich kaum zu lassen vor allen den Freiern, und hatte zuletzt nicht Häuser genug, daß er die Fremden herbergte, noch Ställe, wohin sie und ihre Knappen und Staller ihre Pferde zögen; auch gebrach es fast an Hafer im Lande und an Raum für alle die Kutscher und Diener, die mit ihnen kamen, und war Rügen so voll Menschen, als es nie gewesen seit jenen Tagen. Und der König wäre froh gewesen, wenn die Prinzessin sich einen Mann genommen hätte und die übrigen Freier weggereist wären. Das läßt sich aber bei Königen nicht so leicht machen, als bei andern Leuten; und muß da alles mit vieler Zierlichkeit und Langsamkeit hergehen. Die Prinzessin, nachdem sie wohl ein ganzes halbes Jahr in ihrer einsamen Kammer geblieben war und keinen Menschen gesehen, auch kein Sterbenswort

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_014.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)