Seite:De Arndt Mährchen 1 039.jpg

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singen hörten. Es verhielt sich damit folgendergestalt:

Wie die Königin dem armen verwandelten Prinzen mit den vielen Schall- und Klapperjagden gern das letzte wölfische Lebenslicht ausgeblasen hätte und wie er dadurch über die ganze Wolfsfamilie großes Unglück brachte, habe ich schon erzählt. Aber auch über die kleinen Vögel ging es schlimm her, und in diesen Tagen der Tyrannei war es ein Unglück, in der Gegend des Schlosses als Amsel Grasmücke und Nachtigall gebohren zu seyn. Die Königin nemlich, nachdem der alte Herr gestorben war und sie die Gewalt allein hatte, gebehrdete sich plötzlich, als habe die Krankheit sie befallen, daß sie nicht allein das Geschrei und Gekrächze und Geschnatter unleidlicher Vögel nicht ertragen könne, sondern daß selbst das lieblichste Geklingel und Gezwitscher der lustigen kleinen Singvögelein sie unangenehm bewege. Und damit sie das allen Menschen glaublich machte, war sie bei solchen Gesängen, deren sich sonst alle Welt zu freuen pflegt, ein parmal in Ohnmacht gefallen. Das war aber nur ein Schein, sie wollte eine böse That, sie wollte den Tod der kleinen Nachtigall, wenn sie etwa in diesen Hainen und Gärten herumflatterte. Das wußte sie aber wohl, daß das Vögelchen dem Schlosse auf tausend Schritt nicht nahen durfte, denn sie hatte es

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_039.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)