Seite:De Arndt Mährchen 1 051.jpg

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der alten Königin geschlürft hatte. Als nun die Jagd verschollen und der Wald still geworden und die Sonne niedergegangen war, da kam der Prinz aus seiner dunkeln Waldschlucht unter seine grüne Eiche und lehnte sich gar traurig an den Stamm und netzte das Gras mit seinen stummen Thränen, wie er alle Nächte pflag; und ihm däuchte viel wehmüthiger um sein Herz zu seyn als gewöhnlich. Das Vögelein in den Zweigen über ihm fing eben an zu singen nach seiner Gewohnheit; und es däuchte ihm auch, daß es gar anders sang als sonst, und viel bedeutsamer und räthselhafter und fast wie mit menschlicher Stimme. Und dem Manne kam ein Grausen an, und fast voll Angst rief er in die Zweige hinauf: Vögelein, Vögelein, sage mir, kannst du sprechen? Und das Nachtigallvögelein antwortete ihm mit Ja, wie Menschen zu antworten pflegen, und es verwunderte sich selbst, daß es sprechen konnte, und fing an vor Freuden darüber zu weinen, und schwieg lange. Darauf that es sein Schnäbelchen wieder auf und erzählte dem Manne mit vernehmlicher menschlicher Stimme die ganze Geschichte von seiner Verwandelung und von seines Bruders Verwandelung, und durch welches Wunder er wieder ein Mensch geworden. Denn es war ihr nun alles in Einem Augenblicke

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_051.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)