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4.
Der Wolf und die Nachtigall.
(Schwedisches Volksmährchen.)


     Ich weiß es wohl, wo steht ein Schloß,
Das ist geschmückt so feine
Mit Silber und mit rothem Gold
Gebaut von Marmelsteine.

     Und in dem Schloß eine Linde stand
Mit Blättern lustig und schöne,
Drinn wohnte eine Nachtigall fein,
Die schlug gar liebliche Töne.

     Es kam ein Ritter geritten daher,
Süß klang es vom Nachtigallmunde,
Worüber er höchlich wunderte sich –
Es war um die Mitternachtstunde.

     Ach höre du kleine Nachtigall,
Wollst mir ein Liedlein singen,
Deine Federn laß ich beschlagen mit Gold,
Deinen Hals mit Perlen beringen.

     Deine Federn von Gold die kleiden mich nicht,
Die ich für dich sollte tragen,
In der Welt ein wildfremdes Vögelein,
Wovon kein Mensch weiß zu sagen.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_057.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)