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auf seine Mienen und Gebehrden Acht geben, und hatten bald bemerkt, daß er sich oft verstohlen wegwendete und eine Thräne aus den Augen wischte. Johann dachte nun darauf, wie er eine Plage erfände, die ihn geschwinder zum Ziele führte.

Und er machte sich hart und gebehrdete sich noch viel härter und rief sie einen Abend zusammen und sprach: Ich sehe, ihr seyd ein hartnäckiges Geschlecht; so will ich denn viel hartnäckiger seyn, denn ihr seyd. Morgen, wann ihr zur Arbeit kommt, bringe sich jeder eine neue Geissel mit. Und sie gehorchten ihm und brachten die Geisseln mit. Und er hieß sie sich alle entkleiden und einander mit den Geisseln zerhauen, bis das Blut darnach floß; und er sah grimmig und grausam dabei aus, als hätte ihn eine Tigerin gesäugt oder ein schwarzer Galgenvogel das Futter zugetragen. Aber die kleinen Leute zerhieben sich und bluteten und hohnlachten dabei, und thaten ihm doch nicht den Willen. So thaten sie drei vier Tage.

Da konnte er es nicht länger aushalten, es jammerte und ekelte ihn und er hieß sie ablassen und schickte sie zu Hause. Und er dachte auf viele andere Plagen und Martern, die er ihnen anthun könnte. Da er aber von Natur weich und mitleidig war und diese Wochen

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_209.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)