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zu singen pflegte von den schneeweissen Lilien und von den schneeweissen Engelein. Das Liedchen war dem Kindlein von seiner Mutter schon in der Wiege oft vorgesungen und es war das Einzige, was es aus seiner Kindheit behalten hatte. Das Kind war hier aber nicht gebohren sondern auf eine seltsame Weise in den Garten gekommen. Das Liedlein lautete also, und sie sang es immer mit trauriger Stimme:


     Schlafe, Kindlein hold und weiß,
Das noch nichts von Sorgen weiß;
Schlaf’ in stiller süßer Ruh,
Thu’ die kleinen Aeuglein zu.

     Draussen stehn die Lilien weiß,
Haben allerschönsten Preis,
Droben in der lichten Höh
Stehn die Englein weiß wie Schnee.

     Kommt ihr Englein weiß und fein,
Wiegt mir schön mein Kindelein,
Wiegt sein Herzchen fromm und gut,
Wie der Wind der Lilie thut.

     Schlafe, Kindlein, schlafe nun!
Sollst in Gottes Frieden ruhn;
Denn die frommen Engelein
Wollen deine Wächter seyn.


Mit dem kleinen Lilienmädchen verhielt es sich folgendergestalt: Sie war die Tochter eines

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_257.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)