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ganzen Tag vor und sagte sie mit den allerschmeichlichsten und süßlichsten Tönen und Gebehrden, worin nur Hexen sprechen und sich gebehrden können, und meinte, sie habe sie ganz gefangen und werde das junge unerfahrene Vögelein leicht in die Schlinge gehen, ja es sitze schon halb darin. Denn Gunhilde, die merkte, wie leidig und listig die Alte war, brauchte auch List, und stellte sich, als freue sie sich über die Maaßen über die Ankunft des Gespielen, den sie ihr zubringen wolle, und that überhaupt so kindisch und sorglos und dumm, daß die Alte ganz entzückt war.

Und als der andere Morgen gekommen war und Gunhilde aus ihrem Kämmerchen in den Garten hinaustrat, über welchem eben die Sonne aufging, da war die Alte wieder da und sagte: Fahrwol mit dir, feines Kindchen! in ein paar Minuten ist dein Bräutigam da. Nun spielt nur schön, bis ich wiederkomme, und laßt euch die Zeit nicht lang werden. Um zehen Tage bin ich wieder bei euch. Sie dachte aber bei sich: Es wird ein feines Spiel werden, daß dem alten Könige in Mitternacht einmal die Augen davon übergehen werden, wann er meinen Sohn Eidam grüßen muß. Indessen er ist mein Sohn, und aus jedem Tropfen Adamsblut kann bei Gelegenheit ein Kaiser und

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_275.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)