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einer Natter gestochen, und stieß ihn zornig von sich und machte seine Hand wieder frei. Er ward auch sogleich wieder von seinem alten Rausch gefaßt und schnarchte mit offenem Munde. Sie aber rief im Zorn: Warte, mein Prinzchen! und lief geschwind und löste die Bande, welche einige junge Bäume an ihren Pfählen festhielten, schlug ihm diese um die Hände und band ihn an dem Baum fest, an welchem er hingesunken war. So ließ sie ihn liegen und sprach: Ade, mein süßer Bräutigam! hier magst du gebunden liegen bis auf den jüngsten Tag, meine Hände lösen dich nicht.

Der Prinz hatte die Nacht glücklich durchschlafen und göttliche Träume gehabt. Die Arme der Prinzessin, die ihn von dem Bache weggezogen, der Kuß auf ihre Wangen, die nachherige Wälzung, die sie mit ihm vorgenommen, als sie ihn an den Baum band – alles das hatte sich in seiner von dem Traubensafte durchglüheten und ergeisterten Fantasie zu einem bunten Traum zusammengeflochten, in welchem die Prinzessin immer mitten drinn war. Kurz er wachte in den süßesten Gedanken auf und seine Arme tasteten noch vor Entzücken um sich, als ob sie etwas haschen wollten; aber o weh! der Arme lag da auf der kalten Erde und war festgebunden und fror, und endlich ächzete und winselte er. Denn es kam keine

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_285.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)