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Menschen ein Abscheu und den Thieren ein Grauen, bis ein unschuldiges junges Blut sich über dich erbarmt und mit dir zu Bett geht und dich ohne Grausen küßt. Das merke dir aber: wirst du dieser wieder ungetreu, dann wirst du auf ewig in das tiefste höllische Feuer hinabgestoßen. Schlangenkönig hatte bei seiner Verwandlung ganz die Farbe des Kleides behalten, das er trug, weil er noch Prinz war. Er trug nemlich einen grün und gelb gestreiften seidenen Rock, und jetzt schleicht er als eine schöne grün und gelb gestreifte Schlange umher mit einer goldenen Krone auf dem Kopf, und pfeift und zischelt wie eine Schlange, aber sprechen kann er nicht. Nur sind gewisse Tage im Jahre, wo er singen darf, und da singt er mit so wunderschöner und süßer Stimme, daß er schon manches arme Kind verlockt hat, mit ihm zu gehen in sein Schloß, aber noch hat er keine einzige gefunden, die ihn hat küssen wollen. Die aber mit ihm gegangen sind, müssen in seinem Schlosse sitzen, bis er eine findet, die es über das Herz bringen kann, ihn in Liebe zu küssen. Die das thut, das wird die Königin und alle die andern, die er hineingelockt hat, werden ihre Dienerinnen. Und auf diese Weise allein können sie aus dem Schlosse erlöset werden.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_376.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)