Seite:De Arndt Mährchen 1 378.jpg

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daß er nicht biß und keinem was zu Leide that. Die Kinder hatten noch nie einen Gesang von ihm gehört, obgleich die Rede ging, der Schlangenkönig könne singen und habe schon manche schöne Dirne verlockt, die nun in seinem Schlosse sitzen und weinen müsse, sondern vor ihnen hatte er immer nur gezischelt, wie andere Schlangen thun. Er durfte ja auch nicht alle Tage singen und ausserdem war er viel zu klug, als daß er sichs in Gesellschaft hätte merken lassen, daß er singen konnte; denn da konnte es ihm ja zu nichts helfen. Nein, wann seine Singetage waren und wenn er dann ein hübsches Kind allein belauschen konnte, dann ließ er seine Stimme ertönen und brachte es gewöhnlich mit weg.

Eines Tages saß Jakob mit seiner Margarethe hinter einem grünen Busche und die beiden Kinder erzählten sich Geschichten und ihre Kühe graseten vor ihnen, die andern Hirten aber hatten weiter abwärts getrieben. Da kam Botschaft, daß Jakob geschwinde zu Hause mußte. Er küßte seine liebe Margarethe und sagte: Margarethe, gieb derweile auch auf meine Kühe Acht, bis ich wiederkomme, und kommt der Schlangenkönig etwa, so bleibe bei Leibe nicht allein, sondern treibe nur geschwinde zu den andern Hirten hin. Er könnte dich wegsingen, denn der Schelm soll

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_378.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)