Seite:De Arndt Mährchen 1 440.jpg

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hat man viele Jünglinge gesehen, die des Nachts hinaus mußten, wann die andern Menschen schlafen, und die dann in Wald und Büschen hausen. Ueber solche machen sich denn die Leute ihre Gedanken und viele sagen ihnen oft auch Arges nach; die armen Jünglinge haben aber nichts Böses gethan noch thun wollen, sondern nur ein schweres Leid erlitten, von welchem kein Mensch sie heilen kann. So sind manche hingebleicht und hingewelkt in der Blüthe ihrer schönsten Jugend, oder sind gar verschwunden und haben sich in Seeen und Teichen ersäuft oder sind von Irrlichtern in Sümpfe verlockt ja einige haben sich in der verzweifelnden Sehnsucht wohl an Bäumen erhängen müssen. Aus solchen Unglücklichen werden nach ihrem Tode die wundersamen Ache und Wehe und Wimmerer und Aechzer und Seufzer, die man so oft gar bei hellem Tage, geschweige um die Mitternacht, aus Quellen und Bäumen und Büschen und Gras und Blumen wimmern wispern und flüstern hört, daß einem die Haare auf dem Kopfe sausen. Sie müssen dann als dünne Töne und leise Seufzer umherfliegen und umherspielen und die Lebendigen erschrecken, weil sie das Leere und Nichtige zu sehr gesucht haben. Von ihnen ist das Sprichwort gekommen, daß, wenn man sagen will, ein Mensch sey sehr

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_440.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)