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Das schneeweiße Hühnchen.
(Erzählt von Hinrich Vierk.)


In Gurrevitz, eine halbe Meile von Rambin, lebte einmal ein Weber, das war ein sehr armer aber frommer und gottesfürchtiger Mann, der hatte auch eine recht gute und christliche Ehefrau; und die beiden Leute hatten viele

liebe Kinder. Das jüngste und liebste Kind von allen aber war ein kleines Mädchen, welches Christine hieß; das war acht Jahr alt. Das war ein sehr schönes freundliches und gehorsames Kind und hatte einen recht lieben dem Himmel zugewendeten Sinn, so daß es mit seinem kindischen Verstande die hohen und himmlischen Dinge sehr geschwind faßte und behielt und nichts lieber lesen hörte als die Bibel und nichts geschwinder auswendig lernte als Lieder aus dem Gesangbuche. Das kleine Christinchen war sonst sehr still und für sich und konnte, wann der Frühling und Sommer da waren, ganze Tage und Wochen im Garten spielen, ohne daß es anderer Gespielen nöthig hatte als die Büsche und Blumen und die Vögelein, die in den Zweigen sangen. Mit ihnen lebte spielte und schwätzelte es, als wären es Menschen gewesen, und kam, sobald die Sonne untergegangen, immer heiter und fröhlich wieder

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_219.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)