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Garten unter den Blumen und Vögeln, die hier nie aufhörten zu blühen und zu singen. Denn in diesem freundlichen und anmuthigen Thale war ein ewiger Frühling und Sommer und Blüthen und Früchte sah man immer neben einander. Auch aßen Nanthildchen und ihr Vater nichts Anderes als Früchte und Brod und tranken Milch und Wasser dazu.

So hatte das Kind in seiner Einfalt und Unschuld fortgespielt und war zwölf Jahre alt geworden unter seinen Blumen und unter den Engelein Gottes, die oft unsichtbar und in der Gestalt von Vögeln und Schmetter1ingen um sie scherzten, und war gewiß das allerholdseligste und freundlichste Kind auf Erden. Da hatte sich einmal ein Prinz, und zwar ein königlicher Prinz und der einzige Sohn des Königs, der über die Länder herrschte, auf der Jagd in den Bergen verirrt und war in das heimliche verborgene Thal hinabgekommen und zu dem Gärtchen, worin das Mägdlein spielte. Und das Kind hatte sich über den schönen Jüngling gefreut und hatte ihm Lilien und Rosen gebracht, und er hatte sich auch gefreut und das Kind auf seinen Arm genommen und es viel tausendmal geküßt und geherzt. Und darauf als er die Jagdhörner seiner Begleiter heranblasen gehört, hatte er es freundlich gegrüßt und war weggegangen einen Seitenpfad den steilen Berg hinan, und hatte bei’m Abschiede gerufen: Spiele fröhlich, Nanthildchen, ich komme bald wieder und bringe dir was Schönes mit. Und als der Abend gekommen war, hatte Nanthildchen dem Vater alles erzählt, und er hatte den Kopf dazu geschüttelt und

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_283.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)