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bedenklich ausgesehen. Das hatte ihm aber am wenigsten gefallen, daß das Kind, als sie von dem Jüngling erzählte, einmal über das andre ausrief: O er war auch gar zu schön, viel, viel schöner als du, wenn du mich am allerliebsten hast und mir das Liedchen singst

Nanthilde, süßes Röselein,

Blüh, blüh im hellen Sonnenschein!
Blüh, blüh, mein süßes Röselein,

Geschirmt von Gottes Engelein!

Bei diesen letzten Worten des Kindes waren ihm die hellen Thränen in die Augen getreten, was ihm nicht leicht geschah, und er hatte aufstehen und weggehen müssen, damit er dem Kinde die Bewegung feines Herzens verbärge.

Und als der dritte Tag nach diesem vergangen war und der vierte kam, da kam auch der schöne Prinz wieder geritten; und er kam diesmal in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit in einem goldnen Kleide mit Knöpfen von Demanten besetzt. Und er hat wohl an die zwei Stunden mit dem süßen Mägdlein in dem Garten gesessen und mit ihr gespielt und sich ihre Blumen und Vogelnester zeigen lassen, und sie dann auf den Schooß genommen und ihr allerlei anmuthige Geschichten erzählt. Endlich hat er ihr ein blaues seidnes Kleidchen gegeben und ein feines Goldringelein, in welchem ein Demant funkelte, und dabei gesprochen: behalte das, Nanthildchen, und trag’ es zu meinem Andenken. Darauf hat er das Kind auf seinen Arm gehoben und es geküßt, und ist weggeritten, und hat ihm noch mit den Händen zugewinkt und zugerufen: Gott behüte dich! ich komme bald wieder.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_284.jpg&oldid=- (Version vom 29.4.2018)