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Und als die Sonne untergegangen war und das Kind den Abend zu seinem Vater in das Kämmerchen trat, sprach er: Mein Kind Nanthildchen, was ist dir? du siehst ja so roth aus, als wenn du eben auf der Schmetterlingsjagd gewesen wärest. Und sie hat geantwortet: O er ist wieder da gewesen, der schöne junge Mann, von welchem ich dir jüngst erzählte; und er war noch viel schöner als damals, und er war so prächtig und hatte Knöpfe an seinem Rock, die wie die Sterne funkelten, und ich habe mit ihm im Garten umherspringen und ihm alle meine schönsten Blumen zeigen und mit ihm spielen müssen; und er ist viel länger geblieben als das erste Mal und hat mir noch viel freundlicher gedäucht; und er will auch oft wiederkommen und mit mir spielen, hat er gesagt; und sieh mal, was er mir Schönes geschenkt hat! Und sie zeigte in heller Freude das seidene Kleid und den goldnen Ring. Und der Alte besah sich das und ward blaß wie der Schnee, als er den Ring umkehrte und die Worte las, die darin geschrieben standen. Aber er schwieg und sagte kein Wort. Als aber das Kind zu Bett gegangen war, trieb es ihn unruhig hinaus, und er schaute in den Sternenhimmel, und rief mit großer Bewegung: O du ewiger Sternenfürst! noch keinen Frieden? und ich muß wieder von hinnen und all diese stille Traulichkeit und Lieblichkeit verlassen? denn auch hier finden mich, die mir nach der Seele stehen. Ja fort! fort! und morgen noch fort, ehe die Sonne über die Berge ins Thal guckt!

Ich muß aber nun sagen, wer der alte Mann war, dem die weißen Locken schon die Scheitel herabhingen. Er

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_285.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)