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in wehmüthiger Sehnsucht saß, einen weißen Schuh; und den Schuh hatte das süße Kind da in den Büschen stecken lassen, als ihr Vater sie so geschwind aus des Prinzen Anblick davon gerissen. Sogleich bildete er sich ein, der Schuh müsse von ihrem Fuße seyn: denn welches Weib, sprach er, denn sie hätte ein Füßchen so fein und zart, daß es in diesen Schuh ginge? Diesen Schuh zeigte er seinem Freunde dem treuen Ritter Reginfrid, und sagte: den Schuh habe ich wohl, aber immer fehlt mir noch der lebendige Fuß dazu, das süße englische Kind, wornach wir nun so manche Monate jagen. Hilf mir nun mit deinen klugen Gedanken, und laß uns sinnen, wie wir diesen Schuh füllen. Und der alte Ritter rieb sich die Stirn und rollte seine Gedanken wie auf einer Mangel viel auf und ab und hin und her, dann rief er: Ich hab’s! ich hab’s! und gelingt das nicht, so mögte ich glauben, alle Kunst sey am Ende. Und höre, Herr, was du thun sollst:

Sende Botschafter und Ehrenholde in alle Flecken Dörfer und Städte ringsum aus und laß es durch die Hoftrompeter ausblasen und durch die Hofzeitung verkündigen und auf alle Kirchen- und Rathhaus- Thüren nageln, du werdest glänzende und königliche Freibälle im grünen Walde halten während der schönen Sommerzeit, wo von allen schönen Prinzessinnen und Jungfrauen, die darauf erscheinen wollen, kostbare und rechte königliche Ehrenpreise gewonnen werden können; der höchste Preis aber solle derjenigen zufallen, die einen Fuß aufweisen könne der in den Schuh passe, der am Eingange des Ballsaales

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_308.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)