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Schuhprobe, und der große Demant kann gewonnen werden. Es sind aber die meisten Frauen und Mädchen beschämt weggegangen, weil sie verzweifelten ihre Füße in jenen weißen hineinpressen zu können. Nur einige sind geblieben und diese haben sich zerquält und zermartelt, aber keine hat den Fuß hineinzwingen können. Auch die alte Hexe mit ihren beiden Töchtern ist geblieben, und sie hat bei sich gesprochen: Gewiß sucht er eine Braut, und dieser Schuh soll ihm ein Zeichen seyn; denn Könige und Prinzen haben oft die wunderlichsten Einfälle und sind nicht selten von der Wiege an durch Sterndeuter und Wahrsager auf dergleichen Sonderlichkeiten hingewiesen. Aus einer bloßen Grille schenkt man keinen Demant weg, der viele Millionen werth ist. Und sie ist seitwärts gegangen mit ihren beiden Töchtern und hat ihnen die Zehen abgeschnitten, daß die Füße kürzer würden. Denn was schadet’s, sagte sie, wenn man nur den kostbaren Demant gewinnt oder gar Königin wird? Sie hatte aber rothe Strümpfe über den frischen Schaden gezogen, damit nichts gemerkt werden könnte. Und endlich kamen sie auch an den Schuh, und wie viel sie ihn auch zerrten und zwängten, die Füße wollten nicht hinein, sie waren und blieben viel zu breit. Der König aber und Reginfrid, die bei dem Schuh standen, hatten bei diesen und bei andern das Blut durch die Strümpfe greinen sehen und gedacht: was doch die Eitelkeit und Habsucht thut! Der König ließ aber sogleich ausblasen und trompeten, daß, wer gefunden würde, daß sie sich den

Fuß verkürzte, damit er in den Schuh ginge, die solle als

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_313.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)