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ihm sein Gewehr besprechen oder behexen kann, oder auch wohl deswegen, weil kein Gefrorner oder Behexter oder durch die siebenfache und siebenundsiebenzigfache Passauer Kunst Gehärteter vor seiner Kugel stehen bleibt. Andre sagen, Freischütz heißt er wegen der drei freien Schüsse, die er für jede vierundzwanzig Stunden hat. Er kann nämlich jede vierundzwanzig Stunden drei Stück Wildpret oder Geflügel, was er eben haben will, mit seinen drei Freischüssen fällen, ohne daß sie auf dem Felde oder im Walde sichtbar da sind. Denn die müssen kommen und fallen, so wie er sie in Gedanken aufs Korn nimmt, er schieße bei Tage oder in der Nacht, ins Weiße oder in die leere Luft; ja wenn er in den Mond hinein hielte, so würden sie aus dem Mond herunterfallen. Das ist nun allerdings eine angenehme und einträgliche Kunst, und solche Jäger, die immer Wild schaffen können, sind deswegen bei großen Herren sehr willkommene und begehrte Leute. Das ist aber auch wahr, daß vor einem rechten Freischützen alles Wild fallen muß, das ihm in Schußmal kommt; denn keine Kugel kein Hagelkorn fehlt, die aus der Mündung seines Gewehrs fliegen. Für die andern Jäger ist es daher in Gesellschaft mit einem Freischützen eine böse Jagd, weil diesem das meiste Wild wie von selbst in den Schuß läuft, oder auch, weil die meisten solcher höllischen Freibeuter tückisch und boshaft sind und den andern die Gewehre behexen, und sie auslachen, wenn sie pudeln. Eine eigne Gräulichkeit wohnt ihnen aber noch bei, und die muß ich zuletzt erzählen.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_337.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)