Seite:De Auerswald und Lichnowsky 030.jpg

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mit einem Hirschfänger die Schläge und Stöße von ihm abzupariren und die Rotte zu bereden suchte, daß sie den Mißhandelten gehen lassen, mindestens warten sollten, bis er vor dem Garten draußen sei. Er wurde jedoch von diesem seinem Beschützer (Simon Rau), an den er sich festgeklammert, weggerissen und, nachdem das Gezerre etwa 10 Minuten gedauert hatte, vor das Gartenthürchen hinausgeschleppt.

Vergebens bat der Mißhandelte um Schonung, erwähnte, daß er fünf unerzogene Kinder habe, denen erst vor Kurzem die Mutter weggestorben sei, und fragte, ob denn unter seinen Peinigern kein Familienvater sei, dessen Kinder sich freuten, wenn sie den Vater wieder sähen? Ebensowenig Erfolg hatten die Fürbitten der Hausbewohner und mehrerer unbetheiligten Anwesenden, die dem Mißhandelten bezeugten, daß er nicht „der Gesuchte“ sei, oder überhaupt die Wuth zu mäßigen suchten.

Nach einer Aussage soll der General wirklich erkannt worden sein, was aber im höchsten Grade unwahrscheinlich ist, sowohl aus allgemeinen, als aus ganz concreten Gründen. Zum Theil scheint der Mißhandelte für den Fürsten Lichnowsky, zum Theil für den General Radowitz gehalten worden zu sein; die Masse bekümmerte sich übrigens schwerlich um den Namen, sondern wollte überhaupt ein Opfer haben.

Gewiß ist ferner nach allen Ermittlungen, daß weder die Vorstellungen Auerswalds selbst, noch seiner wirklichen oder vermeintlichen Beschützer das Mindeste fruchteten. Die Fürbitten verhallten unter tobendem Geschrei: „Haben wir ihn, den Parlamentshund? Er muß sterben! Schießt ihn todt, den schlechten Kerl, den Hurenkerl! Den Parlamentskerl!

Empfohlene Zitierweise:
Christian Reinhold Köstlin: Auerswald und Lichnowsky. Ein Zeitbild, nach den Akten des Appellations-Gerichts zu Frankfurt a. M. mit Genehmigung dieses h. Gerichtshofs. Tübingen 1853, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Auerswald_und_Lichnowsky_030.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)