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stets steigernde Wuth der Rotte beobachtet, der ihr Toben und Brüllen, ihre Todesdrohungen gehört hatte, kaum zweifelhaft sein. Er mußte sich sagen: wer jetzt die Verfolgten in die Hände ihrer Verfolger liefert, übergibt sie einem sichern und unvermeidlichen Tode. Wer immer also für diese Auslieferung thätig wurde, wollte nicht nur für sich den Tod der Verfolgten, sondern er sah auch in jedem andern für denselben Zweck Thätigen einen Gesinnungs- und Willensgenossen. Ja, indem gerade diese Gleichheit des Sinnes und Willens bei sämmtlichen Theilnehmern sich herausstellte, scheint es keinem Zweifel zu unterliegen, daß in Beziehung auf Alle ein wirkliches Komplott, und zwar ein auf Tödtung gerichtetes Komplott angenommen werden müsse.

Gleichwohl sprachen nun aber gewichtige Gründe gegen die Annahme eines auch erst seit dem Einstürmen bewaffneter Haufen in den Schmidtischen Garten vorhandenen und sofort stetig ausgeführten allgemeinen Tödtungskomplotts.

Vorerst fehlt für die Annahme eines ausdrücklich eingegangenen Komplotts aller und jeder Beweis, wie auch von dem Anstifter oder Anführer eines solchen nirgends eine Spur zu finden ist. Es hätte diese Annahme nur dann einige Wahrscheinlichkeit für sich, wenn es gestattet wäre, die Vorfälle im Schmidtischen Garten und Haus mit den wenigstens theilweise bei dem Ginnheim-Bockenheimer Auszug wirksam gewordenen Motiven in ursächliche Verbindung zu bringen. Daß dies jedoch nicht zuläßig sei, wurde schon oben auseinandergesetzt. Auf jeden Fall könnte es sich daher nur von einem stillschweigend eingegangenen Komplotte handeln.

Empfohlene Zitierweise:
Christian Reinhold Köstlin: Auerswald und Lichnowsky. Ein Zeitbild, nach den Akten des Appellations-Gerichts zu Frankfurt a. M. mit Genehmigung dieses h. Gerichtshofs. Tübingen 1853, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Auerswald_und_Lichnowsky_085.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)