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ganz Holstein harre seines rettenden Armes mit Verlangen. Aber der edle Graf Adolf blieb seinem Eide treu, und schlug ihre verlockende Ladung aus. Da, als die allgemeine Noth immer höher stieg, sandten die Holsteiner die edle Frau von Deest, Herrin auf Kellingdorf bei Wilster, mit demselben Anliegen an Adolf. So beredt sie auch die Bitte vorbrachte, dennoch war’s vergeblich. Aber der Sohn des Grafen, wie sein Vater Adolf geheißen, ein schöner Knabe von 12 bis 14 Jahren, der wurde lebendig ergriffen von den Worten der edlen Frau, als sie das Unglück des Landes schilderte. Und ein Heldenfunken entzündete in ihm das Verlangen: dem Lande seiner Väter dereinst ein Retter zu werden. Die kluge Gesandtin fachte das Feuer an, und so geschah es, daß der Vater einwilligte, den Sohn mit ihr nach Holstein ziehen zu lassen, damit er dort an Ort und Stelle seiner künftigen Thaten, seiner hohen Bestimmung gemäß erzogen werde. Also lebte der junge Graf fortan heimlich und verborgen auf Kellingdorf bei der Frau von Deest, unter der Leitung der Edelsten des Landes zu allen ritterlichen und fürstlichen Tugenden wie zur Frömmigkeit und Gottesfurcht trefflich erzogen und herangebildet. Die Dänen ließen sich’s freilich nicht beifallen, daß der rechtmäßige Erbe des von ihnen geraubten Landes so nahe bei ihnen weile. Aber die Holsteiner wußten es, und da sie in dem herrlich aufblühenden Jünglinge den künftigen Retter und Fürsten freudig erkannten und begrüßten, so getrösteten sie sich dessen in traurigen Zeitläuften mit Hoffnung und Zuversicht.

Inzwischen waren neue Kriegsunruhen über Stadt und Land gekommen. Heinrichs des Löwen Sohn, Otto IV., bekriegte den König Waldemar und nahm Hamburg, welches dann wieder von diesem belagert wurde (1216). Waldemar baute eine Burg dicht vor der Stadt auf der Höhe des Eichholzes,

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_053.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)