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sein, wenn die Hülfesuchenden mit gläubigem und demüthigem Sinne die Mutter Gottes am Scharthore um Heilung anriefen, darum war dies Bild so hoch geehrt. Und die Sage ging unter dem Volke, der heilige Anscharius, der erste Erzbischof in Hamburg, habe dies gnadenreiche Bild mit herüber gebracht, als er etwa 30 Jahre nach Hamburgs Erbauung hieher gekommen; und an der Uferstelle, wo er zuerst das Land betreten, da habe er es ausgestellt, und als später Stadtmauer und Thor hier gebaut sei, habe man das Bild in die Nische gesetzt und dem heiligen Anschar zu Ehren das Thor Scharthor genannt. Ob er’s wirklich herüber gebracht hat oder nicht, und ob nach ihm oder nach dem Ufer das Thor so genannt wurde, ist gleichviel; schön aber ist’s, daß das damalige Volk des vor 500 Jahren entschlafenen Erzbischofs noch lebendig gedachte und sein Andenken in Ehren hielt.

Und im Jahre 1371 hat sich der Rath mit dem Dom-Capitel vereinigt, um an jener Stelle hart am Ufer ein Bethaus zu erbauen, „dar man schall inne setten dat Bilde der hilligen Juncfrouwen, welck nu steit in der Müren der Stad by der Poorten Schardor.“ Und dies Bethaus wurde 60 Fuß lang und 30 Fuß breit, und vor dem Marienbilde wurde ein Block angebracht zur Empfangnahme der Opfer und milden Gaben, von deren erstem Drittel das Gebäude unterhalten wurde, während das Domstift das zweite Drittel und E. E. Rath, für Beschirmung der Pilger und Wallfahrer, das letzte Drittel empfing.

Um 1450 aber war aus dem Bethause eine förmliche geweihte Kapelle geworden, in welcher der Gottesdienst von der Jacobsbrüderschaft, einer Corporation von Schiffern und ihren Frauen, unterhalten wurde. Denn diese ehrbaren Jacobsbrüder stifteten Vicarien und Commenden für die Priester der Kapelle und tägliche Almissen oder Messen. Und

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_106.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)