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Gegen Dunkelwerden näherte sich die Hamburgische Flotte. Es heißt: da wäre ein Blankeneser Fischer in seiner Jolle heimlich an das Hintertheil des größten der Piratenschiffe gekommen, und hätte geschmolzenes Blei in die Angelröhre des Steuerruders gegossen, wodurch dieses fest gelöthet, also unbrauchbar gemacht sei.

Am andern Morgen aber begannen die Hamburger den Kampf; das alte Volkslied sagt, der Kampf habe drei Tage und drei Nächte gedauert; jedenfalls erst nach langer verzweifelter Gegenwehr Störtebeker’s und seiner Genossen (welche das ihnen als Gefangenen bevorstehende Loos zu gut kannten, um nicht ihr Leben so theuer als möglich zu verkaufen), neigte sich zuletzt ein vollständiger Sieg auf die Seite der Hamburger.

Die „bunte Kuh“ unter Simon von Utrecht verrichtete Wunder der Tapferkeit; sie ging „brausend durch die wilde See“ und rannte mit „ihren starken Hörnern“ gleich das erste Piratenschiff so kräftig an, daß dessen Border-Castell zerbarst. Das Nähere von Simon’s und der übrigen Hamburger Thaten ist uns nicht aufgezeichnet, nur der glorreiche Erfolg dieses Seetreffens. Ein Theil der Feinde entfloh bei Zeiten; viele der Piraten waren erschlagen oder ins Meer geworfen; ihre Schiffe wurden mit reichen Ladungen an Tuchen, Wachs, Baumwolle u. s. w. erbeutet; als höchster Siegespreis aber durfte die Gefangennehmung des unverwundbaren Störtebeker’s gelten, der mit einem Unterbefehlshaber Wichmann und 70 Gemeinen in die Hände der Hamburger fiel.

In Hamburg machte man, kraft des vom Kaiser verliehenen Blutbannes über Seeräuber, kurzen Proceß mit den Gefangenen. Störtebeker saß in einem Keller des Rathhauses, der, so lange dasselbe gestanden hat, „Störtebeker’s Loch“ genannt worden ist. Die Sage erzählt: als man sein Todesurtheil ihm verkündet, hat er nicht gern daran gemocht, und hat für

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_114.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2021)