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87. Der St. Catharinen-Thurm und eine Prophezeiung.
(1603.)

Im Jahre 1603 geschahe es, daß der neue St. Catharinen-Kirchthurm, welcher durch die Zimmermeister Joachim Behn und Joachim Rustmann in drei Jahren, vom Mauerwerk an bis zum Kreuz und Wetterhahn neu erbauet worden war, fertig und mit unterschiedlichen Feierlichkeiten eingeweihet wurde. Da nun grade zu dieser Zeit, als oben gemeldet, König Christian IV. zu Hamburg sich aufhielt, so gefiel es Demselbigen, den neuen Thurm in Augenschein zu nehmen, wobei er von E. E. Raths Deputirten, den Kirchgeschworenen als Bauherren, auch von Etlichen aus dem Mittel Reverendi Ministerii geleitet und in dem Kirchensaale mit einem Ehrentrunke reguliret worden ist. Als nun Se. Majestät Alles wohl besichtiget, auch sein Vergnügen über den schönen Bau sattsam erkläret hat, da ist den umherstehenden Bauleuten die Lust angekommen, dem Könige eine Reverenz zu erzeigen; und einer von ihnen, ein eisgrauer Altgesell, hat das Wort geführt und dem Könige viel Schönes und Gutes gewünscht, auch die gute Stadt Hamburg seiner Gunst befohlen, und sodann, gleichwie mit prophetischem Geiste, gewahrsagt: der König werde so lange leben, als dieser neuerbaute Thurm stehe. Worüber denn königliche Majestät gelächelt und geäußert: „Der Mann meint’s doch gar zu gut mit Uns!“ Hat sich aber freundlich für den schönen Wunsch bedanket und allen Werkleuten ein treffliches Biergeld verabreichen lassen, worauf er unter deren Jubelgeschrei und Gejauchze, geleitet wie er gekommen, den Thurm wieder verlassen. Ist aber nach Gottes Willen dieser Wunsch oder Spruch des alten frommen Gesellen zur wahrhaftigen Weissagung geworden;

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_266.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)