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Kaufleute u. A. m. zu rechnen, wohl tragen, aber ohne Perlen und Demanten, und ihre „Hüllen“ (Hauben) konnten von güldenem oder silbernem Laken sein. Den zweiten Stand betreffend war es insbesondere den Frauen derer Procuratoren, Canztisten und anderer Rathsdiener, Handwerksmeister, Brauer, Schiffer und solcher „mittelmäßigen Standespersonen ihres Gleichen“ gänzlich verboten: Kleider, Sammet, Seide und Atlas, oder gar seidene Strümpfe zu tragen, indem sie sich dieser Stoffe nur als Garnirung bedienen, jedoch den Sammet-Saum nicht breiter denn ein Quartier tragen sollten. Die Frauen des dritten oder niedern Standes aber, die der Tagelöhner, Arbeitsleute, Knechte aller Art, imgleichen Mägde und Ammen, sollten sich alles Seidengezeuges gänzlich enthalten bis auf mäßige Seidenschnüre zur Verbrämung u. s. w. Und mit scharfen Geldbußen gegen die dawider handelnden „Verbrecherinnen“ hatten Rath und Bürgerschaft gedräuet, und Alles wohl eingerichtet zu haben geglaubt. Nach zwei Jahren wurde dies Mandat nochmals von den Kanzeln verlesen und sonst publicirt, und neu hinzugefügt, daß Regenschirme niemals von Seide, Taffet oder Brokat, sondern nur von Rasch und bloßerdings ungesäumt und ohne Zierung sein sollten, bei 11 Thalern Strafe.

Und diese Mandate hingen am Rathhause und an den Straßenecken, alle Pastoren predigten für ihre strenge Nachachtung und gegen die Kleiderpracht, und der Rath, E. Oberalten, übrige Collegia und E. Bürgerschaft waren voll guten Willens, der Prunkliebe der Frauen hinfort keinerlei Vorschub zu geben, – und dennoch blieb Alles beim Alten, keine weibliche Seele kehrte sich an das Mandat; ihre eigenen Frauen und die der Graduirten trugen nach wie vor Demanten, Perlen und Goldbrokat; die Ehehälften der Procuratoren, Amtsmeister und Brauer gingen einher, wie bislang, in ganzen Seidenkleidern

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_315.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)