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Vater Unser und Alle guten Geister. Um Mitternacht aber vernimmt Meinecke draußen ein schreckhaft Gehen, Scharren und Schlorren mit Kettengerassel und Seufzen und Stöhnen; vor seinem Hause bleibt’s stehen und klopft dreimal an die Fensterlade, und als er sie öffnet, da stehet leibhaftig der gehenkte arme Sünder mit seinen Kerten um den Hals und Armen und Beinen davor, grinset ihn fürchterlich an, und spricht dumpf und hohl: „da bin ich, Grütze will ich, gieb mir Grütze, darauf du mich geladen.“ Und der Tischler hat schnell eine Schüssel Grütze hinausgestellt aufs Gesimmse und hat Fenster und Laden fest zugeschlossen und ist ins Bett gekrochen und hat Angstschweiß geschwitzt und ist noch lange Wochen darnach siech gewesen und die Seinigen im Hause nicht minder, die allesammt den Spuk vernommen haben. Die Schüssel hat andern Tages leer und zerbrochen vor dem Fenster gelegen.

Merke: bei Galgen, Hochgerichten und Rabensteinen soll man still vorübergehen, gottselige Gedanken haben, um Bewahrung vor Versuchung bitten, ein Gnade Gott für die armen Sünder sprechen, und keinenfalls mit denselben Gespötte und leichtfertig Wesen treiben, sonst kann’s einem noch ärger gehen als dem Meister Meinecke in Wandsbeck.


110. Von einem Selbstmörder.
(1662.)

Anno 1662 wurde eines hiesigen vornehmen Mannes Sohn, ein junger Kaufmanns-Gesell, auf der Gasse erstochen gefunden, und hieß es allgemein, daß er mit einigen Fremden vom Adel wäre verzwistet gewesen, und sonder Zweifel von diesen entweder im Duell getödtet, oder mordlicher Weise entleibt.

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_322.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)