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denn die See wogte noch sehr, auch konnte sein Boot, des schrägen Daches wegen, nicht nahe heranlegen; und die Verunglückten waren fast starr und kraftlos. Endlich aber glückte es, worauf fünf Minuten später das Dach auseinander ging. Nachdem sie sich auf seinem Schiffe mit Speise und Trank erquickt und etwas erholt, berichteten sie ihm, daß sie auf einer Elb-Insel zu Hause gehörten. Daselbst hätte die entsetzliche Sturmfluth die Deiche durchbrochen und grausame Verwüstung angerichtet, sie hätten sich in das Dach ihres Hauses geflüchtet, das nahe am Deich gestanden, als aber das Wasser höher gestiegen, seien sie durch die Luke mit einer Leiter auf die First des Daches gestiegen, um ihr Leben zu retten. Plötzlich sei ein gewaltiges Wogengebrause gekommen und habe den ganzen Dachstuhl vom Unterhause abgerissen und fortgeführt; es sei etwa 10 Uhr Abends und stockfinstere Nacht gewesen; aber als sie es doch deutlich wahrgenommen, daß die Fluthen sie von der Insel weg und in den offnen Elbstrom getragen, da hätten sie vor Entsetzen alles Besinnen und Aufmerken verloren, nur daß sie sich unwillkürlich so eng aneinandergepreßt und umschlungen hätten als möglich. Als sie wieder zu sich gekommen, sei’s Tag gewesen, aber vor Nebel, Regen und Sturmwetter hätten sie nicht mehr wahrnehmen können, als daß sie mit der Ebbe abwärts trieben; den ganzen Tag über hätten sie ihre Hoffnung darauf gesetzet, daß ein segelndes Schiff ihnen begegnen und sie erlösen möge, hätten auch herzinnig darum zu Gott gebetet. Es sei ihnen aber kein einziges Schiff begegnet, wie denn das Wetter auch so grauslich gewesen, daß sich keins habe hinauswagen können. Zu essen und zu trinken hätten sie nicht das Geringste gehabt, und in jeder Minute hätten sie erwartet, daß der Haufen Holzsparren und Strohhalme, daran sie gehangen, auseinander gehen müßte. Und darüber hätte

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_350.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)