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Besonders gern tragen sie Diamanten und Juwelen, welche früher nur den Frauen höchsten Ranges zustanden. Sie schätzen die Liebe ihres Bräutigams nach dem Werthe des Schmuckes, den er ihnen verehrt, wodurch sich schon mancher junge Kaufmann ruinirt haben soll. Wenn sie geschmückt ausgehen, so bedecken sie sich auf der Gasse mit einem großen schwarzen Schleier oder Regentuch (wie auch in Bremen üblich), so daß kaum das Gesicht hervorkuckt und ein Mann seiner eigenen Frau begegnen kann, ohne sie zu kennen. Solch Regentuch mag wegen der häufigen schlechten Witterung in Hamburg viel bequemer sein, als ein schwerfälliger Parapluie; vornehme Damen tragen es von Seide mit schwarzen Spitzen besetzt, die mittleren Stände von Tuch, die geringeren von Serge. Machen sie Besuch, so heben sie das Schleiertuch vom Kopfe und erscheinen wieder im vollsten Putz. In der Kirche aber legen sie es nicht ab, sondern bleiben verschleiert, welches ihrer Bescheidenheit Ehre machet. Wenn sie also zierlichen Schrittes zur Kirche gehen, so giebt dies ein andächtiges Bild. Es folgt ihnen ein sauberes Dienstmädchen mit dem Gesangbuche, das an silbernen Ketten vom Arme herabhängt. Vormals wurde das Buch allgemein in einem eigens dazu gefertigten verzierten Beutel getragen, welcher daher der Buch-Beutel, oder in ihrer Plattdeutschen Sprache der Books-Büdel hieß, weshalb man auch wohl alles altmodische Wesen und Herkommen mit diesem Worte bezeichnet, welches dann unrichtig wieder ins Hochdeutsche mit „Bocks-Beutel“ übersetzt ist. Im Winter trägt die Magd der schönen Kirchgängerin auch ein blankes Kupfergefäß voll Kohlen nach, welches man für ein katholisches Rauchfäßchen hält, bis man erfährt, daß die Hamburgerinnen überall, an geweiheten wie ungeweiheten Orten, das Kohlenbecken als Fußwärmer in mancherlei Gestalt gebrauchen, was sie eine Füerkirke nennen. Der unmäßige

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_355.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)