Seite:De Benzler Leben 118.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so angenehm als möglich zu machen suchte. Die Herren Domkapitulare erschienen zu Tisch in Gala d. h. mit den sogenannten Beffchen, dem jetzt so verpönten französischen Rabat.

Unter Führung des Herrn Kardinals selber machten wir einen Besuch in dem nicht weit von der böhmischen Grenze entfernten Orte Grüssau, um daselbst die herrliche ehemalige Zisterzienserkirche zu besichtigen. Kardinal Kopp wollte diese Kirche, einen gewaltigen Renaissancebau mit reizender, kunstvoller Ausschmückung, die ein vielbesuchter Wallfahrtsort ist, den Beuroner Benediktinern übergeben und war in dieser Sache beim Kaiser vorstellig geworden. Trotz des Wohlwollens Seiner Majestät konnte der Herr Kardinal die Erlaubnis der Regierung zu einer Benediktiner-Niederlassung in dem ganz katholischen Grüssau nicht erlangen. Die Protestanten der Kreisstadt Landeshut mochten kein Kloster dulden, das nur sieben Kilometer von ihrer Stadt entfernt gewesen wäre[1].

Eine Pilgerfahrt zum Grabe der heiligen Hedwig in Trebnitz beschloß unseren Aufenthalt in Schlesien.

Meine Beziehungen zu den deutschen, wie auch zu den französischen Nachbarbischöfen waren die denkbar besten. Besonders Bischof Dubois von Verdun, später Erzbischof von Bourges[2], erwies mir das freundlichste Entgegenkommen. Ich besuchte ihn in seiner Bischofsstadt und bewunderte seine wahrhaft fürstliche Residenz. Das bischöfliche Palais liegt auf dem höchsten Punkte der Stadt, beherrscht also ganz Verdun und bietet eine entzückende Fernsicht ins weite Land. Der Dom hat außer seinem herrlichen Geläute kaum etwas Bemerkenswertes. Von der berühmten ehemaligen Benediktinerabtei St. Vannes sahen wir die übrig gebliebenen Gebäulichkeiten, die damals wieder kirchlichen Zwecken dienten. Als ich später dem Nachfolger Msgr. Dubois', Bischof Chollet, einen Besuch abstattete, mußte ich ihn in einer bescheidenen Wohnung aufsuchen; das bischöfliche Palais war ihm geraubt worden.

  1. Was damals nicht möglich gewesen, geschah im Jahre 1919, wo Benediktiner von Emaus-Prag dorthin übersiedelten.
  2. Jetzt Kardinal-Erzbischof von Paris.
Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_118.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)