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Innsbruck, zu beiden Seiten des Innflusses im herrlichen, weiten Alpentale gelagert, ist eine überaus anziehende Stadt. Die Bauart der Häuser erinnert schon stark an den Süden. Die engen Gassen der Altstadt, der laubenumsäumte Marktplatz mit dem sogenannten Goldenen Dachl, einem reichverzierten spätgotischen Erker mit vergoldetem Kupferdach, muten den Norddeutschen anfangs fremdartig an. Die prächtige Maria Theresia-Straße mit der St. Annensäule und dem Triumphbogen ist eine hervorragende Zierde der Stadt. Die mächtige Pfarrkirche St. Jakob, im Barockstil erbaut, birgt auf dem Hochaltar das vielverehrte, von L. Cranach gemalte Gnadenbild Maria-Hilf, von den Innsbruckern die »Pfarrmutter« genannt. In der Franziskaner-Hofkirche, mit dem berühmten Grabdenkmal Kaiser Maximilians I. und den prächtigen Bronzestandbildern, hat der Tiroler Freiheitsheld Andreas Hofer seine letzte Ruhestätte gefunden. In der anstoßenden Hofburg hatte er einst residiert, nachdem er die Franzosen siegreich zurückgeschlagen hatte. Die Prunkgemächer der Hofburg änderten aber seinen schlichten, christlichen Sinn in keiner Weise. Wenn des Abends Gäste bei Tisch gewesen waren, dann sagte ihnen Hofer wohl: »Ihr habt mitgegessen, jetzt könnt ihr auch mitbeten«, und damit zog er den Rosenkranz hervor.

Das Universitätsgebäude ist das ehemalige, vom seligen Petrus Canisius gegründete Jesuiten-Kolleg. In der anstoßenden Trinitatiskirche, die als Universitätskirche dient und von den Patres Jesuiten besorgt wird, befindet sich das Herz-Jesu-Bild, vor dem im Jahre 1796 das Land Tirol mit dem göttlichen Herzen den feierlichen Bund geschlossen hat. Auch der Leib des heiligen Mönchs und Regionarbischofs Pirmin aus dem achten Jahrhundert († ungefähr 753) ruht in dieser Kirche.

Die Bürgerschaft Innsbrucks verleugnete ihren katholischen Tirolersinn nicht. Nirgends habe ich, auch an Wochentagen, die Kirchen so gut besucht gefunden, als in dieser Stadt; die geräumige Jesuitenkirche z. B. war jeden Tag in aller Frühe mit Andächtigen gefüllt.

Wenige Tage nach meiner Ankunft in Innsbruck, am Feste der

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_12.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2018)