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Bischof Willibrord als Lehrer und Hirte seiner Diözesanen


Gleich am ersten Abend nach seiner Ankunft in Metz hatte der Oberhirte feierlich als sein Programm bezeichnet, allen alles zu werden. Dieses Programm schwebte ihm von Anfang an als Ziel vor Augen.

Die Verhältnisse, die Bischof Willibrord in seiner Diözese vor­fand, erforderten viel Zartsinn und Klugheit. Manche Traditionen waren seit langem bodenständig. Der Oberhirte war gerecht und selbstlos genug, auf sie Rücksicht zu nehmen. Er ließ ruhig beste­hen, was den Kirchengesetzen nicht widersprach und dem Seelen­heile diente. Auch für die nationale Eigenart der Lothringer zeigte er jederzeit liebevolles Verständnis. Wie es seine hohepriesterliche Aufgabe von ihm forderte, wollte er vom ersten Tage an zielbewußt allen wirklich alles werden.

Das Verhältnis zu seinen Diözesanen spiegelt sich vor allem in seinen Hirtenbriefen. In ihnen redet er wie ein Vater zu seinen Kindern, so einfach und schlicht, so herzlich und doch so beredt, daß man fühlt, jedes Wort kommt aus einem liebenden Vaterherzen.

Der Bischof beschränkte sich nicht darauf, zu Beginn der Fasten­zeit Mahnworte an sein Schäflein zu richten. Er benützte auch jede andere passende Gelegenheit dazu, z. B. seine Romreisen, ver­schiedene Jubiläen, so das Jubiläum der Verkündigung des Glaubens­satzes der Unbefleckten Empfängnis Mariä, das goldene Priester­jubiläum Pius' X. Jedesmal wußte er Worte daran zu knüpfen, die seine Gläubigen im Guten förderten. In manchen Jahren ließ er zwei und drei Hirtenschreiben erscheinen.

Der erste Fastenhirtenbrief des Jahres 1902 knüpft sinnig an den Hirtenbrief vom Tage seiner Bischofsweihe[1] an. Darin war der


  1. Siehe S. 146 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_164.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)