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Vierzig Geistliche, darunter zwei der Metzer Diözese, die sich trotz großer Schwierigkeiten nicht nehmen ließen, ihrem hochverehrten einstigen Oberhirten die letzte Ehre zu geben, waren zur Totenfeier gekommen. Als der Sarg in das Grab gesenkt wurde, sah man manche Träne fließen. Daß die Feier die Anwesenden so tief ergriff, dazu hatte vor allem auch die herrliche Leichenrede beigetragen, die Bischof Keppler von Rottenburg hielt. Sie lautete:

Hochwürdigste und hochwürdige Herren!
Geliebte, in christlicher Trauer Versammelte!

»Wenn so ein armer Bischof Jahre und Jahrzehnte lang die heiligen Liturgien gefeiert und Unzähligen das Wort Gottes verkündet hat, und wenn dann die starren Hände und Füße den Dienst aufkündigen und der Mund sich geschlossen hat für immer, dann darf sein Leichnam noch einmal dem feierlichen heiligen Opfer anwohnen und Weihrauchduft umwogt ihn und mit mütterlicher Liebe singt die heilige Kirche ihn vollends in Schlaf mit ihren ergreifendsten Liedern und dann weist sie ihm sein Ruhekämmerlein an drunten in der stillen Totengruft. Es ziemt sich aber, daß auch der Prediger ihm noch ein Wort Gottes hineinlege in Grab und Sarg, ein Wort Gottes ihm nachrufe hinüber in die Ewigkeit.

Ein Wort Gottes. Die Bescheidenheit, die unsrem heimgegangenen Erzbischof Willibrord zur zweiten Natur geworden war, ließ ihn noch auf dem Sterbebett die dringende Bitte aussprechen: »Bei meiner Beisetzung keine Lobrede«. Nein, keine Lobrede. Aber das Walten der göttlichen Vorsehung, die Fügungen und Führungen der Gnade in Deinem Erdenleben, die dürfen wir loben und preisen und anbeten. Damit sind wir im vollen Einklang mit Dir und Dir geistig nahe. Denn sicher tust Du selbst jetzt auch nichts anderes, ob Du nun schon eingegangen in die Glorie des Auferstandenen, oder ob Du in Wehen und in Wonnen am Reinigungsort des Rufes Deines Gottes harrest.

Wir dürfen es wagen, den Geheimnissen der göttlichen Gnadenführung im Leben unseres Heimgegangenen nachzuforschen. Die

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_228.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)