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So ging das Noviziatsjahr allmählich zu Ende. An meinem Berufe hegte ich nicht den mindesten Zweifel; die heiligen Ordensgelübde abzulegen, war mein einziger Wunsch. Doch sollte meine Geduld nochmals auf die Probe gestellt werden. Die belgische Gründung zu Maredsous in der Diözese Namur war inzwischen herangewachsen; das neue, großartige Abteigebäude, eine Stiftung der edlen Familie Desclée in Tournai, konnte bezogen werden, und nun sollte die Klostergründung ihre Vollendung erhalten durch die Erhebung zur Abtei und die Weihe ihres ersten Abtes. Der Bruder unseres hochwürdigsten Abtes, Plazidus Wolter, eröffnete die Reihe der Äbte von Maredsous, und mein Mitnoviz Fr. Robert de Kerchove durfte als erster Profeß seine Gelübde in die Hände des neuen Abtes ablegen. Diese wichtigen Angelegenheiten hielten Abt Maurus in Belgien zurück; erst im August kehrte er zu uns heim. Der 15. dieses Monates, das Hochfest der lieben Gottesmutter, war der Tag meiner Gelübdeablegung.

Es war ein Tag ungetrübter Freude. Von Herzen weihte ich mich dem Herrn, der mich so gnädig, so liebevoll geführt hatte. Mein Bruder war aus Westfalen herbeigeeilt, um meine Freude zu teilen.

Einige Wochen später, am Schutzengelfeste, wenn ich nicht irre, empfing ich aus der Hand des hochwürdigsten Abtes die niederen Weihen. P. Magister hatte mir zur Vorbereitung darauf den Gedanken gegeben: Im Alten Bunde hatte Gott den Stamm Levi und die Familie Aarons zum Dienste des Altares erwählt; im Neuen Bunde ist es nicht ein Stamm, eine Familie, die Gott ein für allemal erwählt, sondern er beruft jeden einzelnen in besonderer Weise, den er fürs Priesteramt ausersehen hat.

Noch im selben Monate sollte ich in München die Subdiakonats- und die Diakonatsweihe empfangen. Doch zuvor mußte meine Militärangelegenheit ins reine gebracht werden. Ich hatte mich an die preußische Regierung gewendet mit der Bitte, aus dem Staatsverbande entlassen zu werden. Dieses Gesuch war gewiß

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_35.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)