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des Gnadenbildes der Muttergottes von Soest nach dieser Stadt begangen wurde. Fünfzig Jahre später hatte ich das Glück, als Bischof an der Feier des zweihundertfünfzigjährigen Jubiläums teilzunehmen und dabei Pontifikalamt und Predigt zu halten.

Wie meine Mutter ihre Pflicht als Erzieherin auffaßte, beweist am besten ein Brief, den sie auf dem Sterbebett an mich richtete und den mein Vater mir bei meiner ersten heiligen Kommunion übergab. Er lautet:

 »Mein lieber, lieber Karl! Mein teures Kind!

Ehe ich von hier gehe und Euch alle für diese Welt verlasse auf Gottes heiligen Befehl, möchte ich Dir noch erst ein letztes, lebendiges Zeichen meines mütterlich liebenden Herzens hinterlassen. Es liebt Dich so innig und gerne hätte es Dich heranwachsen sehen als blühenden Jüngling zur Freude Gottes und aller guten Menschen, so gerne den Tag, den wichtigsten Deines Lebens, gerade den, den Du heute feierst. Gottes Wille war anders, mit Demut unterwerfe ich mich.

Welch wichtigen Tag feierst Du heute! O Karl! Welch süßes Glück wird Dir zuteil! Ach, ich kann es ja nicht mit meinem schwachen Arm beschreiben; hoffentlich, ja hoffentlich wirst Du es selbst empfinden. Jetzt bist Du rein, noch fast ein Kind, Dein Heiland wohnt in Deinem Herzen (ich setze voraus, daß Du Dich gut vorbereitet hast), nun vergiß keinen im Gebete, Deinen Vater besonders nicht, sei ihm immer gehorsam. O Karl, teurer Karl, jetzt gehst Du schlimmen, gefährlichen Jahren entgegen. Ich fürchtete fast, wenn ich nicht an Gottes mächtigen Schutz und seine heilige Mutter dächte. O laß Dich nicht verführen. Mancher wird kommen …« Hier entfiel die Feder ihrer sterbenden Hand.

Aus meiner frühesten Kindheit sei ein Vorkommnis erwähnt, das mir den Schutz meines heiligen Engels in dankbare Erinnerung ruft. Man hatte unachtsamer Weise ein schweres Oberbett auf mich gelegt. Ich war in Gefahr zu ersticken, als plötzlich jemand die Lage erkannte und mir noch rechtzeitig zu Hilfe kam.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_4.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)