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und erlangte ihm eine solche Kräftigung seiner Gesundheit, daß er in den folgenden zwanzig Jahren seines Lebens eine fast übermenschliche Arbeitslast bewältigen konnte.

Im folgenden Frühjahr (1891) wurde in der Abtei Emaus das Generalkapitel fortgesetzt, das durch den Tod des Erzabtes Maurus unterbrochen worden war. Ich durfte den Herrn Erzabt dorthin begleiten. Während unseres Aufenthaltes in der böhmischen Hauptstadt hatte ich die Freude, an der Einweihung der Kirche des Frauenklosters St. Gabriel teilzunehmen.

St. Gabriel ist eine Stiftung der am 18. Februar 1884 verstorbenen Gräfin Gabriele Sweerts-Spork, einer edlen Dame, deren Andenken in Prag bei arm und reich im Segen ist. Besonders ergreifend war für mich, die bald nachher stattfindende Profeß und Jungfrauenweihe, die erste Feier dieser Art, der ich beiwohnte. Will man die ganze Bedeutung kennen lernen, die die heilige Kirche der gott­geweihten Jungfrauschaft beilegt, so gibt es kein besseres Mittel, als den erhabenen Gebeten und Zeremonien einer solchen Feier zu folgen. Noch heute klingt mir die ergreifende Melodie der Antiphon in der Seele nach: »Et nunc sequor ex toto corde, timeo te et quæro faciem tuam videre; Domine, ne confundas me!« (Und nun folge ich dir von ganzem Herzen, ich habe Ehrfurcht vor dir und verlange, dein Antlitz zu schauen. O Herr, laß mich nicht zu schanden werden).

Von Prag führte uns die Reise zunächst nach Wien; hier waren wir Gäste des Fürsterzbischofs Gruscha. Bei Gelegenheit eines Festmahles, an dem wir teilnahmen, sah ich den damaligen Nuntius Galimberti und sprach mit ihm. In Seckau war seit meinem Weggange fleißig gearbeitet worden. Die Türme der Kirche waren neu erstanden und grüßten freundlich in die Lande. Man fühlte, daß frisches Leben in die alten Klosterräume eingezogen war.

Auf der Rückreise besuchten wir das Benediktinerinnen-Kloster Frauenwörth im Chiemsee. Dieses ehrwürdige Gotteshaus ist eine Stiftung des Herzogs Tassilo III. von Bayern und hatte die selige Irmengard, eine Tochter Ludwigs des Deutschen zur ersten

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_72.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)