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der päpstlichen Unfehlbarkeit so klar und bestimmt vor, daß mir später, als diese Frage Gegenstand leidenschaftlicher Erörterungen wurde, die Entscheidung des vatikanischen Konzils als etwas ganz Selbstverständliches erschien.

Ich verließ Attendorn mit dem Zeugnis für Obersekunda, um am Gymnasium zu Münster die Studien fortzusetzen. Dort bestand ich denn auch die Aufnahmeprüfung; allein der Unterrichtsbetrieb an dieser hervorragenden Anstalt stellte höhere Anforderungen an die Schüler, als ich sie bisher gewohnt war. Ich hatte darum wieder ernste Schwierigkeiten zu überwinden. Das erste Zeugnis ließ zu wünschen übrig; doch am Ende des Schul­jahres stieg ich ohne Hindernis in die Prima auf, und von da an waren die Zeugnisse derart, daß mir im Abiturienten-Examen die mündliche Prüfung erlassen wurde.

Wir hatten in Münster recht tüchtige Lehrer; so den Ordinarius der Sekunda, Halbeisen, der auch auf Prima uns Unterricht in der Religion erteilte; sein Diktat in diesem Fache hat mir noch lange gute Dienste geleistet. Der Mathematiker Hosius war ein hervorragender Lehrer, aber wegen seiner Strenge gefürchtet; leider kam auch er in den altkatholischen Wirren vom rechten Wege ab. Dr. Jos. Hense begann damals seine Lehrtätigkeit als junger Kandidat und ließ schon seine spätere Tüchtigkeit erkennen. Nach Jahren traf ich ihn als Direktor des Gymnasiums zu Warburg, von wo er nachher in gleicher Eigenschaft an das Theodosianum nach Paderborn versetzt wurde († am 11. Oktober 1913).

Während meines Aufenthaltes in Münster starb Bischof Johann Georg Müller; ich sah seine Leiche in der bischöflichen Hauskapelle aufgebahrt. Auch wohnte ich der Konsekration seines Nachfolgers, des späteren Bekennerbischofs Johann Bernhard Brinkmann bei, die im hohen Chore des Domes von dem damaligen Erzbischof Paulus Melchers von Köln unter Assistenz des Bischofs Freiherrn von Ketteler von Mainz und des Weihbischofs Boßmann von Münster am 4. Oktober 1870 vollzogen wurde.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_8.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)